2. Tag Freitag, 9. August 2019 Graz-Mariatrost auf den Schöckl

Mit der Tram fahre ich nach Mariatrost, wo ich unterhalb der Basilika meinen Weg wieder aufnehme.

Von hier geht ein Netz von gut markierten Wegen aus. Mein Weg ist gleich doppelt markiert: einerseits als Weitwanderwege 06, andererseits als Marienweg oder Mariazellerweg. Nach etwa hundert Metern biegt der Weg von der Hauptstraße ab und führt über kleine Zubringerwege und landwirtschaftliche Wege ins Umland. Auf dieser Wiese sind drei Rehe versteckt. Zwei haben sich beim Äsen nicht stören lassen, ein drittes hat sich zum Widerkäuen hingelegt. Im Hügelland, im Schutz der Berge, gibt es einige Obstplantagen. In der Fachschule für Land- und Ernährungswirtschaft Haidegg werden seit vielen Jahren junge Menschen auf Berufe in der Landwirtschaft vorbereitet. Zum ersten Mal habe ich einen unbehinderten Blick auf mein Tagesziel, den Schöckl. Zwischendurch geht’s durch schattige Wäldchen. Endlich kommt einmal ein Wiesenweg, das noch dazu einen besonderen Namen trägt.

Jetzt überwiegen die Naturwege mit vielen kleinen Überraschungen am Wegrand.

Ich gewinne rasch an Höhe und habe noch gute Fernsicht in Richtung Süden.
St. Radegund wurde schon im 6. Jhdt. von den Slawen besiedelt. Auch die Römer haben unweit von hier ihre Spuren hinterlassen.
Die Kirche, der heiligen Radegundis geweiht, wurde um 1500 errichtet.
An der Außenwand ist ein römischer Grabstein eingelassen.
Auch ein interessanter „Kalvarienberg“ um 1773 ist ein sehenswertes Kulturdenkmal, an dem man als Autofahrer leicht vorbei fährt.

Im „Heilklimatischen Kurort St. Radegund“ ging im 19. und Anfang des 20. Jhdts. die Post ab.
Ich wandere durch den Ort und verlasse die Straße in Richtung Schöcklweg. Der ist nur am Anfang bequem, wird aber dann anstrengend. Es gäbe natürlich die Alternative die Gondelbahn zu benutzen. Die behalte ich mir für den Rückweg vor. Es gibt auch hier einen Weg entlang der Trasse auf den Berg.

Der Sturm „Paula“ hat um den Schöckl 2008 große Schäden angerichtet.


Endlich kommt das frisch renovierte Stubenberghaus in Sicht. Ich weiche auf dem Plateau vorerst in Richtung Westgipfel aus. Vom Gipfelkreuz hat man eine hervorragende Aussicht nach Norden.



Vor der Sendeanlage des ORF steht ein Vermessungspunkt, der für die Katasteraufnahme der Steiermark (1820 – 1825) als Referenzpunkt festgelegt wurde.

Im Stubenberghaus kann man nicht nur sehr gut speisen, sondern auch übernachten.
Der Blick von der Terrasse auf Graz ist einzigartig.
Für den Rückweg nehme ich die Gondelbahn, die bereits seit 1951 existiert. Heute nehmen auch viele Mountainbiker und Paraglider die Bahn als Aufstiegshilfe.


Tagesstrecke: 16,0 km
Bergauf: 1153 m
Bergab: 133 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

1. Tag Dienstag, 6. August 2019 Graz-Liebenau nach Graz-Mariatrost

Mein erster Tag ist als Stadtdurchquerung geplant. Bewusst gehe ich durch das engere Stadtgebiet und bin überrascht, wie sehr ich mich von Stadtverkehr fernhalten kann. Dass der Weg, mit wenigen Ausnahmen, eine Asphaltpartie wird, ist ohnehin klar.

Als Startpunkt habe ich mir den Verkehrsknoten Liebenau – Murpark ausgewählt, weil er in meiner unmittelbaren Umgebung liegt und mit der Bahn, mit der Bim (Straßenbahn), mit Bussen und im Notfall auch mit dem Auto erreichbar ist.

Ich bin kein Freund von Einkaufszentren. Hier gibt es wenigstens einen Knotenpunkt für den öffentlichen Verkehr.

Entlang des Petersbaches, der vor ein paar Jahren „naturnahe“ und hochwassersicher ausgebaut wurde, führt ein schöner Fuß- und Radweg nach St. Peter.

Auch meinen Pilgerpatron, den Hl. Jakobus, besuche ich.
Obwohl es bereits 9 Uhr ist, sind die Straßen im Wohngebiet erstaunlich ruhig.


Ende des 19. Jahrhunderts haben sich betuchte Grazer im Grünraum des Geidorfviertels große Villen errichten lassen. Die meisten verschwinden auch heute noch in parkähnlichen Gärten.
Hier stehen auch die modernen Glashäuser des Botanischen Gartens der Universität Graz.


Der Hilmteich und der angrenzende Leechwald sind seit Generationen Erholungs- und Naturraum der Grazer.
Am „Weg der Menschenrechte“ wird auch der zahlreichen Opfer unter den psychisch und physisch Beeinträchtigten während des Nazi-Regimes gedacht.


Die 40 m hohe Hilmwarte, einst Feuerwachturm, beherbergt heute ein modernes Weltraumwetterlabor der Universität Graz.


Oberhalb des LKH Graz stoße ich auf den Weitwanderwege 06, dem ich ab jetzt lange Zeit folgen werde.

Die Wege lassen mich 40 Jahre zurückdenken, als ich mir hier mit meinen Sportkollegen Ausdauer und Stehvermögen für die Cross-Saison geholt habe.


Kurz vor Mariatrost wurde zum Gedenken an die Vertriebenen aus Gottschee eine schöne Gedenkstätte errichtet.


Nun taucht die Wallfahrtskirche von Mariatrost auf.


Die Basilika Minor wurde von 1714 bis 1724 errichtet und ist ein bedeutender Marienwallfahrtsort in der Steiermark.
An der Ausstattung der Kirche waren bedeutende Künstler der Zeit beteiligt.


Wenn sich die Pilger vom Tal her näherten, hatten sie nicht weniger als 216 Stufen zu überwinden. Ich gehe sie nur hinunter.


Mit der Straßenbahn trete ich wieder die Heimreise an.

Tagesstrecke: 11,8 km
Bergauf: 150 m
Bergab: 77 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

Graz – Köln: ein neues Projekt entsteht

Langjährige Pilgerkolleginnen und – Kollegen wissen es längst: Nach dem Camino ist vor dem Camino!
Noch vor dem Abschluss meines Romweges fragte meine Frau: „Und was kommt danach?“, um fast anschließend gleich einen Vorschlag zu machen: „Geh doch die „Via Gernotensis“ nach Köln!“ Ihr Bruder Gernot, der unweit von Köln mit seiner Familie lebt, war Namensgeber für ein Projekt, das ich auch schon im Hinterkopf angedacht hatte. Der Dom mit dem Reliqienschrein der Heiligen Drei Könige ist als alter Pilgerort wahrlich ein eindrucksvolles Ziel und von Graz mit etwa 1300 km gleich weit entfernt wie Rom.

Die Wegplanung ist gar nicht so einfach. Da sind einerseits die Alpen zu überqueren und andererseits sind geeignete Wege durch Deutschland zu finden. Die Pilgerwege in Deutschland haben alle eine NO – SW oder N – S Orientierung, ich muss aber nach NW. So habe ich mir einen ersten Wegentwurf zusammen gestellt: Entlang des Mariazellerwegs von Graz über Mariazell nach Linz. Von dort geht es quer durch das Mühlviertel nach Passau und entlang des Donauwegs bis Regensburg. Von dort orientiere ich mich am Jurasteig bis Hohenburg und dann am Jakobsweg nach Rothenburg/Tauber. Das nächste Ziel ist Speyer, um dann am Rhein entlang über Worms, Bingen nach Köln zu wandern.

Aus dem Arbeitstitel Via Gernotensis wurde nun wurde nun meine „Via Coloniensis“. Dass der Name für einen anderen Steckenabschnitt schon existiert, stört mich nicht. Auch ein ordentlicher Pilgerpass muss her:

Auch für meinen Rucksack habe ich einen symbolisierten Schrein angefertigt.

Da ich das Projekt nicht in einem Stück durchziehen werde, wird es auch länger dauern bis ich die ca. 60 Etappen absolviert haben werde. Da ich es als „project in progress“ sehe, sind Abänderungen immer möglich und auch schon erfolgt. Die ersten drei Tage werde ich jeweils von zu Hause aus in Angriff nehmen. So hoffe ich, in einiger Zeit auf dem Domplatz dort zu stehen, wo ich vor ein paar Wochen war.

Wenn ihr Anregungen, Fragen oder Informationen über dieses Projekt austauschen wollt, stehe ich dafür gerne bereit.

So wünsche ich euch allen, wo immer ihr auch seid, „Buen Camino!“ oder „An guatn Weg!“

Resumé über „Auf nach Rom III“ 238 km

Diesmal habe ich mir wirklich viel Zeit gelassen, um den Rückblick über meine Wanderung zu verfassen. Manchmal schiebe ich solche Sachen einfach auf. Aber bevor ich mich ernsthaft neuen Zielen zuwenden, möchte ich die Dokumentation über diesen Weg vorerst abschließen.

Das Frühjahr bzw. der Frühsommer sind für mich einfach die schöneren Zeiten für solche Wanderungen. Die erwachende Natur, auch mit der Wetterunsicherheit, ziehe ich dem Herbst vor. Vom Hochsommer oder Winter wird mich wahrscheinlich nicht so bald jemand überzeugen können.

Anreise:
Da Graz flugtechnisch gesehen weit im Abseits liegt, halte ich die Bahn für das ideale Verkehrsmittel:
Am Abend in den Liegewagen und am Morgen mit Frühstück in Rom ankommen; und das um 79 €. Von Rom nach Spoleto um 10 € in nicht ganz zwei Stunden. Das hätte ich mit dem ausgeklügeltsten Flugplan wahrscheinlich nicht geschafft.

Auch für die Rückreise war die Bahn für mich die erste Wahl.

Wege:
Jeder Führer hat in diesem Bereich seine eigene Route und Empfehlung. Ich habe mir meinen eigenen Weg, kombiniert aus verschiedenen Empfehlungen, zusammengestellt.
Die Markierungen waren im Großen und Ganzen ausreichend. Als Alleinwanderer habe ich trotzdem gerne die Bestätigung durch einen GPS- Track, vor allem dann, wenn ich lokale Alternativen wählen muss.
Die Strecke ist als durchaus anspruchsvoll einzustufen, wenngleich sie mit zunehmender Nähe zu Rom immer flacher wird. Dafür gibt es dann immer mehr Asphalt.

Unterkunft und Verpflegung:
Auf dem Weg südlich von Assisi sind immer wieder Pilgerherbergen zu finden, sodass man nicht unbedingt auf Pensionen angewiesen ist.Eine Anfrage am Tag vorher ist auch hier ratsam, denn nicht alle Beherberbungsbetriebe aus den Listen haben gerade offen oder existieren noch.Auch die Verpflegungssituation ist entspannt. Wasser findet man immer genügend, wenn man ein bisschen plant und die Vorräte rechtzeitig auffüllt.

Kultur und Natur:
Auch dieser Abschnitt des Weges ist voll mit kulturellen Überraschungen. Man müsste fast sagen: Gott sei Dank sind nicht alle Kirchen oder Gebäude zugänglich – es wäre kein Weiterkommen!Auch die Natur hat vieles zu bieten. Es müssen ja nicht immer Begegnungen mit Wölfen oder Wildschweinen sein. Auch wunderschöne Orchideen und Vogelstimmen können einen erfreuen.

Statistik:
Auf dem letzten Teilabschnitt von Spoleto nach Rom, inkl. dem Weg mit den Sieben Kirchen habe ich ca. 238 km in 9 Gehtagen zurückgelegt. Dabei fielen etwa 4000 m bergauf und 4800 m bergab an.
Tagesstrecken: zwischen 21,0 und 36,4 km (Median: 25,3 km)

Tagesstrecken Spoleto – Rom (PDF)

Quartierplanung Spoleto – Rom (PDF)

Gesamtstatistik Graz – Rom:

1347 km in 54 Gehtagen; ca 24.300 m bergauf und 25.400 m bergab
Tagesstrecken: zwischen 9,2 km und 37,9 km Median: 25,5 km

Mittwoch, 22. Mai 2019 Rom – Vatikan

Als Pilger über mehr als 1300 km bis nach Rom wollte ich mir die Generalaudienz bei Papst Franziskus am Petersplatz nicht entgehen lassen. Schließlich bin ich ja auch unter dem Motto „visitatio ad limina apostolorum“ aufgebrochen und möchte meinen Weg damit abschließen. Ich habe mir bereits von zu Hause die kostenlosen Karten reservieren lassen und am Dienstag früh vom Pilgerzentrum abgeholt.

Die Überraschung: die Plätze sind auf der obersten Ebene, direkt auf der Ebene der Bühne.

So haben Heidrun und ich das Ganze aus nächster Nähe mitverfolgen können. Mehrere Tausend Menschen haben sich nach strengen Sicherheitskontrollen am Platz eingefunden. Die Schweizer Garde ist mehr symbolischer Schutz.

Nach dem festlichen Akt, bei dem sich Papst Franziskus besonders um psychisch und physisch beeinträchtige Menschen annahm, hole ich mir mein Testimonium, die Pilgerurkunde. Dem war allerdings ein Im-Kreis-Schicken vorausgegangen. Fakt ist, die Urkunde gibt es zur Zeit nur im Opera Romano Pellegrinaggi in der Piazza Papa Pio XII 9/11. In der Sakristei oder bei den Schweizer Garden vorbei ist es angeblich nicht mehr möglich. Auch im ORP – Büro wollte sich die Dame die Arbeit nicht antun und mich und auch andere weiterschicken. Dann hat sie sich doch bequemt, die Pergamenturkunde hervorzuholen und auszufertigen.

Ich freue mich über dieses Dokument und werde es in Ehren halten.

Jetzt werde ich noch einige Tage mit Heidrun in Rom verbringen, verschiedene Sehenswürdigkeiten anschauen und die Stadt genießen.

10. Tag Montag, 20. Mai 2019 Rom – Weg der sieben Pilgerkirchen

Gestern am Abend gab es noch richtiges Pilgerfeeling. Der Herbergsleiter wusch nach altem Brauch einigen Pilgern symbolisch die Füße. Danach gab es Abendessen mit ausreichend Wein.

Die Nacht ist mit Ausnahme von vier Schnarchern, vielleicht war ich der fünfte, ruhig.

Heute beginne ich mit dem Weg der sieben Pilgerkirchen, einem alten Brauch als Abschluss eines Rom-Pilgerwegs. Die erste Kirche fahre ich noch mit der U-Bahn an. Der Rest geht wieder zu Fuß weiter.

1. San Paolo fuori le Mura:

Die Basilika liegt außerhalb der Aurelianischen Mauern und wurde bereits im vierten Jhdt. begründet. Im 19. Jhdt. wurde sie durch einen Großbrand erheblich zerstört. Hier ruhen die Gebeine des Hl. Paulus. Auch seine Ketten sind zu sehen.

Der Weg zur nächsten Kirche führt durch ein Viertel mit interessanten Bauten aus den 30er – Jahren des vorigen Jahrhunderts, die mir Parallelen zu den Wiener Gemeindebauten aufzeigen.

2. San Sebastiano fuori le mura liegt an der Via Appia und wurde auf den Katakomben des Sebastian errichtet.

Die im 4. Jhdt. errichtete Basilika wurde im 17. Jhdt. barockisiert. Hier findet man auch das letzte Werk des Bildhauers und Architekten Bernini.

Die Stadtmauern machen einen gewaltigen Eindruck auf mich.

Die nächste Station ist wieder extraterritoriales Gebiet in Italien, weil es dem Vatikan zugeordnet ist.

3. Die Basilika San Giovanni in Laterano ist eine Basilika maior und war früher Papstsitz. Die Baugeschichte ist vielschichtig. Viele der frühen Konzile wurden hier abgehalten.

Gegenüber der Basilika befindet sich in einem eher unscheinbaren Bau die Scala Santa, die Heilige Treppe. Die Marmortreppe soll angeblich aus dem Palast von Pontius Pilatus stammen und von der Hl. Helena nach Rom gebracht worden sein. Bis vor kurzem war sie durch Holz abgedeckt gewesen und ist zu Ostern 2019 für mindestens 40 Tage freigelegt bleiben.

Ein großes Denkmal erinnert, dass Franziskus hier im Lateran mit dem Papst zusammen gekommen ist.

4. Nur ein paar hundert Meter weiter steht die Basilica Santa Croce in Gerusalemme, die eine Sammlung wertvoller Reliquien beherbergt. So gibt es hier Teile des Kreuzes, einen Nagel, zwei Dornen der Dornenkrone und den Finger des Hl. Thomas, den er in die Wunde Jesu gelegt hat.

Wieder geht es entlang der Mauern.

5. Die Basilika San Lorenzo fuori le mura wurde im 13. Jhdt, aus einer Vorgängerkirche umgebaut und wurde 1948 nach einem Bombentreffer 1943 umfassend renoviert. Sie hat ihren Charakter als frühchristliche Basilika erhalten können.

Unter dem Hauptaltar befinden sich die Reliquien des Hl. Laurentius und des Hl. Stephanus.

6. Die Basilika maior Santa Maria Maggiore ist wohl eine der eindrucksvollsten und prächtigsten Kirchen. Unter ihrem Papstaltar steht der Schrein mit der Krippe Jesu. Ihre Ausstattung mit Mosaiken geht auf das 4. und 5. Jhdt. zurück. Zahlreiche Päpste wurden hier begraben.

Nun ist es an der Zeit, noch die letzte der sieben Kirchen aufzusuchen:

7. San Pietro in Vaticano, der Petersdom, stellt mit seiner Erscheinung und Größe alle anderen in den Schatten.

Mit dem Besuch der ranghöchsten Kirche der katholischen Welt habe ich die Pilgerreise abgeschlossen. Am Mittwoch möchte ich noch die Generalaudienz mit Papst Franziskus erleben. Dass es wieder zum Shakehands wie 2015 kommt glaube ich eher nicht.

Sollten zuviel Fehler im Text sein, liegt es daran, dass meine „Bodenstation“ Heidrun, die mir die Texte immer korrigiert, auf dem Weg nach Rom ist. Ich freue mich schon sehr.

Tagesstrecke: 25,6 km
Bergauf: 151 m
Bergab: 149 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

9. Tag Sonntag, 19. Mai 2019 Monterotondo nach Rom

Auf zur „Eroberung“ der Stadt!

Die Nacht habe ich in einer Herberge der Pfarre verbracht. Als ich anläutete, haben mir zwei Jugendliche geöffnet, die mich nach kurzer Rückfrage eingelassen haben. Es waren ehemalige Firmlinge, die sich mit ihrer Firmhelferin zu einem Mittagessen getroffen haben. Don Pedro, ein junger argentinische Gemeindepfarrer kam, um die Aufnahmeformalitäten zu machen. Dazu kam noch das französische Paar, das ich unterwegs schon getroffen habe. Und schon waren statt vier Personen neun am Tisch. Die Mama hat das geschaukelt. Es gab Pasta mit Pesto und Fleischlaberl mit Salat. Ganz einfach und unkompliziert.

In der Nacht hat es öfters geregnet. In der Früh ist der Himmel teilweise blau, aber die Wolken ziehen stark vom Westen her auf.

Um halb sieben bin ich aus dem Haus, um gleich für das Frühstück ins nächste Café zu fallen. Um sieben geht’s los. Es ist natürlich noch sehr ruhig am Sonntag. Nur die Straßenreinigung mit dem Laubbläser sorgt für Sauberkeit.

Durch eine großzügige Allee gehe ich in Richtung Stadtrand. Die schlichte Église San Francesco d’Assisi beim Augustinerkloster hat schon offen.

Es geht in die Hügel, alles mit frischem, nassem Grün.

Aus dem Internet ist mir bekannt, dass der Weg rechts an der Kreuzung seit ein paar Wochen durch ein Tor plötzlich gesperrt wurde. Ich nehme die empfohlene Alternativroute links.

Durch den Regen ist die ohnehin nur als Fahrspur angelegte Strecke kaum vernünftig begehbar.

So kämpfe ich mich durch den Schlamm und freue mich, wieder auf einen ordentlichen Weg zu kommen. Kurz darauf setzt der Regen ein, zwar nicht stark, aber das Regendress ist gefragt. Dann kommt die nächste Überraschung: Ein Tor versperrt den Weg, und daneben ist das Gras kopfhoch. Also etwa eineinhalb Kilometer zurück auf eine andere Route, die ich sicherheitshalber bereits am Handy eingespeichert habe.

Zwischendurch wechseln Sonne und Wolkenbruch ab. Beim Aufstieg in Tor Lupara öffnen sich wieder die Schleusen des Himmels.

Ich muss leider an der stark befahren Via Nomentana entlang gehen.

Dann ist es amtlich: ich bin in Rom.

In der Chiesa dei Santi Angeli Custodi findet gerade die Erstkommunion statt.

Weiter geht es über die Aniene und die Eisenbahnbrücke.

Die Basilica di Sant’Agnese fuori le mura stammt in ihren Anfängen aus dem 7. Jhdt., als über den Katakomben der Hl. Agnes eine Kirche errichtet wurde.

Wie die Truppen Garibaldis falle auch ich über die von Michelangelo errichtete Porta Pia in Rom ein.

Dann geht es an bekannten Plätzen, Bauwerken und Gebäuden vorbei, die ich in den nächsten Tagen sicher wiedersehen werde.

Dann komme ich am Ziel der Reise an: der Petersplatz im Vatikan.

Nach 1300 km und 55 Gehtagen habe ich es geschafft, die Basilica di San Pietro zu erreichen.

Ich gehe weiter zu meinem Quartier in Trastevere und freue mich auf Essen und Bett.

Tagesstrecke: 36,4 km
Bergauf: 315 m
Bergab: 453 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

8. Tag Samstag, 18. Mai 2019 Canetto Sabino nach Monterotondo

Ich habe in meiner Unterkunft herrlich geschlafen, gefrühstückt und bin vor das Haus gegangen. Ein herrlicher Regenbogen empfängt mich, ja er kommt sogar rasch näher. Das verheißt nichts Gutes: Regenhose, Regenpelerine!

Ich bin nicht weit weg vom Haus, als es auch schon zu regnen beginnt. Es war ja auch so prognostiziert.

Bin ich jetzt schon in Rom?

Auf den „Hügeln der Liebe“ kommt sogar wieder die Sonne zum Vorschein, wenn auch nur für kurze Zeit.

Wenn ich auf dem richtigen Weg geblieben wäre, hätte ich diese Kirschen nie gefunden.

Zurück auf dem Pfade der Tugend sehe ich vor mir schon Montelibretti, wie der Name schon andeutet, auf dem Berg. Aber was sollen die paar Höhenmeter noch ausmachen!

Dort spaziere ich zuerst durch den Altstadtkern mit den mächtigen Befestigungsmauern, der Burg und der Nikolaus – Kirche.

Und ich habe was zu feiern:

Nach meinen Berechnungen habe ich meinen 5000. Kilometer auf den Pilgerwegen überschritten. Da sind die „Abkürzungen“, Stadtbesichtigungen und ähnliches nicht eingerechnet.

Leider kann ich nicht einmal mit wem anstoßen, weil kein Lokal offen ist.

Daher geht es weiter in den jüngeren Teil des Ortes. Im Rathaus hole ich mir meinen Stempel. Wegen der EU-Wahl ist das Amt am Samstag besetzt.

Ausgerechnet, wo der tiefste Dreck am Weg ist, treffe ich drei ÖsterreicherInnen. Sie sind in Assisi aufgebrochen.

Mitten am Weg steht diese Skulptur.

Bald komme ich am Etappenziel in Monterotondo an.

Wahlkampf auf Italienisch: obwohl die Stadt über 40.000 Einwohner hat, sind das die einzigen Plakate. Sonst wird eifrig auf der Straße diskutiert. Das gleiche habe ich bei der französischen Parlamentswahl erlebt. Das wäre eine Idee für nächste Wahl im Sommer.

Auf der Suche nach meinem Quartier werde ich wieder von einem Regenguss erwischt (der 6.?). Jedenfalls komme ich gut gewaschen nach Rom.

Tagesstrecke: 28,5 km
Bergauf: 414 m
Bergab: 482 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

7. Tag Freitag, 17. Mai 2019 Puggio San Lorenzo nach Canneto Sabino

Gleich vorweg: Heute bin ich richtig gut drauf, schön langsam komme ich in das Camino-Feeling. Ich muss mich richtig einbremsen, sonst wäre ich zu schnell. Fast schade, dass ich bald am Ziel bin. In der Früh ist wieder Prachtwetter, aber nicht so kalt, wie in den letzten Tagen. Gleich zu Beginn komme ich durch die riesige Olivenhaine meines gestrigen Gesprächspartners. Er hat über 10.000 Bäume.Ich kann dieses Anwesen zwar nicht zuordnen, aber es schaut jedenfalls gut aus.Es geht wieder bergauf. In der Umgebung von Osteria Nuova gibt es viel zu erleben. Ich decke mich am Obststand nur mit Bananen ein. Alles andere wäre zu schwer.Die Überquerung der SS4 ist ein Geduldsspiel. Nach dem geschätzten 20. Auto finde ich eine Lücke im Verkehr.Ich komme nach Toffia und bin von der Lage des Ortes beeindruckt.Ich muss unbedingt einen Abstecher in das Ortszentrum machen. Gleich am Anfang komme ich beim Palazzo Orsini vorbei, der heute die Gemeindeverwaltung beherbergt.Wieder führen enge Gässchen bis hinauf zur Chiesa Santa Maria Nuovo und dem Campanile aus dem 17. Jhdt.

Ich habe Glück, dass die Kirche geöffnet ist, weil eine Frau gerade frische Blumen herrichtet.

Ein wenig darunter liegt die Chiesa Maria Loreto o Santa Maria in Criptula, die aus dem 7. – 8. Jhdt. stammen soll.

Ein Haus der Orsini steht zum Verkauf. Die Orsinis waren eine der mächtigsten Familien Italiens, die auch zahlreiche Päpste stellten. Sie besaßen riesige Ländereien. Die steirischen Orsini-Rosenberg tragen den Namen, um ihre angebliche Verwandtschaft mit dem alten römischen Geschlecht zu untermauern. Aber fix is nix.

Vor der Bibliothek, die im Palazzo Orsini untergebracht ist, wartet eine Klasse aufgeregter Leser.Von Ferne sehe ich schon das Kloster von Farfa. Aber vorher muss ich mich noch entscheiden: Furt oder „Brücke“?Nun erreiche ich, natürlich nach einigen Höhenmetern die Klosteranlage von Farfa.Das heutige Kloster stammt aus dem 7. Jhdt., nachdem der Vorgängerbau aus dem 5. Jhdt. zerstört wurde. Schon Karl der Große war auf seinem Weg nach Rom im Dezember 800 hier zu Gast. Die heutige Basilika wurde 930 fertiggestellt. Als Reichsabtei war sie eine der einflussreichsten und reichsten Italiens.Heute leben noch drei Benediktiner aus Italien und drei aus Sri-Lanka im Kloster, das dem Staat gehört. Das Kloster ist mit einer Führung zu besichtigen, dazu müsste ich aber dreieinhalb Stunden warten. Rund um das Kloster hat sich, heute touristisch genutzt, ein richtiges Zentrum erhalten.Auf dem Weiterweg kommt mir ein Gruppe „Handtaschlpilger“ entgegen, deren Führerin aus Graz stammt.

Vor den Hunden wird gewarnt. Hier werden Schafe gehalten.

Ob das die Kapitolinischen Gänse auf Sommerfrische sind?Ich beschließe, nicht nach Fara in Sabino aufzusteigen, sondern die Straße um den Berg zu nehmen. Beides hat Vor- und Nachteile. Ich erlebe jedenfalls Werbefilmaufnahmen für das neueste Ford – Modell.An uralten Olivenbäumen vorbei komme ich nach Canneto Sabino, wo mich eine Überraschung erwartet. Das Quartier, das ich gestern bestellt habe, steht nicht zur Verfügung. Dafür werde ich für weniger Geld in einer riesigen Ferienwohnung bei Verwandten untergebracht. Der Sohn der Verwandten kommt gerade aus der Schule, nimmt mich gleich mit und führt mich in die Wohnung ein.Ich werde auch mit Kaffee und Kuchen verwöhnt und bekomme eine Schüssel Kirschen.Zum Abschluss des heutigen Tages besuche ich noch den „größten Olivenbaum Europas“ dem „Ulivone“ (L’OLIVIU PIU GRANDE DE EUROPA). Der steht auf einem Privatgrundstück und darf nur zu bestimmten Zeiten besucht werden. Ein Nachbar meint, ich kann ihn auch von seinem Grundstück aus sehen. Er kann sich sicher in der obersten Liga behaupten, ob er der Größte ist, ist nicht sicher.Tagesstrecke: 28,8 km (inkl. zweier Extra-Verlängerungen)
Bergauf: 500 m
Bergab: 778 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

6. Tag Donnerstag, 16. Mai 2019 Rieti nach Poggio San Lorenzo

Nach ruhiger Nacht im B&B La Camelia ohne breakfast bin ich schon wieder um sieben Uhr aus dem Haus.

Durch die engen Gässchen komme ich rasch wieder zur Porta Romana über den Velino.

Das Frühstück bekomme ich im Café Lira gegenüber der hübschen Dame, die in der Sonne gleich viel freundlicher aussieht.

Ein paar hundert Meter durch die Vorstadt und ich bin auf dem Land.

Ich komme bei einer Therme, den Antiche Fonti di Cottorella, vorbei. Die Bevölkerung kann sich hier ihr Mineralwasser selbst abfüllen.

Jetzt gehe ich entlang der EX-SS4, die von einer Lindenallee begrenzt wird. Jeder Baum ist nummeriert. Mit der Nr. 706 ist dann das Ende erreicht. Ich glaube, bei uns hätte eine Allee an einer Hauptstraße keine Überlebenschance. Zu viele Bäume wären den Autos und Motorradfahrern in die Fahrbahn gesprungen.

Ich gehe endlos in das Tal des Turano und des Torrente Ariana hinein.

Kurz kommt die neue SS4 – Via Salaria in Sichtweite.

Saftige Wiesen und Weiden bestimmen hier das Bild.

Das Schild für eine römische Brücke aus dem 3. Jhdt. erregt meine Aufmerksamkeit.
Die wird wohl nicht gemeint sein.

Diese schaut schon stabiler aus. Über die Ponte „Sambuco“ führte einst die Via Salaria, vom Porto d’Asculi an der Adria über Rieti nach Rom. Sie war die Salzstraße der Römer. Heute fahren noch landwirtschaftliche Fahrzeuge darüber.

Die ersten Kirschen mit einem Anflug von Rot sind noch ganz geschmacklos.

Im Osten zeigen sich jetzt die schneebedeckten Berge.

Der Meilenstein aus der Zeit des Augustus zeigt 40 röm. Meilen (ca. 60 km) an.

Nun geht es durch einen richtigen Wildschweinwald und entlang der Römerstraßentrasse.

Ich erreiche Poggio San Lorenzo schon vor 12 Uhr. Ich möchte zwar weitergehen, aber in der nächsten Unterkunft meldet sich niemand. Die nächste wäre schon über 10 km weiter. So „muss“ ich einfach hier bleiben.

Poggio San Lorenzo ist ein kleines, mittelalterliches Dorf, das auf der Villa der Laberia Crispina, einer röm. Kaisersgattin im 2. Jhdt., errichtet wurde. Da die Grundfläche zu klein war, wurden große Bögen angelegt (opus reticulatus) und darauf gebaut. Die Straße verlief unterhalb der Bögen. Später baute die Familie Orsini ihre Burg darauf.

Bei meinem Rundgang treffe ich einen netten Herrn, der mir spontan und stolz seine Ölmühle zeigt. Er führt mich durch unterirdische Räume genau zu den Grundfesten der Bögen und zur alten Wasserleitung, die das Wasser bis heute aus über 10 km hertransportiert. Seine Familie wohnt schon seit 400 Jahren in den Gebäuden.

Er betreibt die Mühle wieder nach altem Vorbild und produziert 30.000 Liter Olio Extra Vergine d’Olive. Ich erzähle ihm etwas über den Steirischen Ölkürbis und das Kürbiskernöl.

Tagesstrecke: 21,9 km
Bergauf: 354 m
Bergab: 232 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com