Die Nacht in der Jugendherberge war ganz ruhig. Die Kids in den Nebenzimmern sind gleich weggebrochen und außerdem: es sind ja nicht meine. Auch beim Frühstück haben sie sich ruhig in einer Reihe angestellt. Da können sich viele Erwachsene ein Beispiel an diesen 12-Jährigen nehmen.
Mein Weg führt mich an der Schwinge entlang, wo eine alte Windmühle aufgebaut ist.
Die Häuser sind teilweise älter, als sie auf den ersten Blick aussehen.
In den Folientunnels werden Himbeeren gezogen.
Mühlenbesitzer zu sein, dürfte ein gutes Geschäft gewesen sein.
Ja, früher ist man mit der halben Wegbreite ausgekommen. Die war dafür ordentlich gepflastert, was mir als Wanderer aber nicht sehr entgegen kommt.
Auf diesem Abschnitt habe ich meinen 9000. Weitwander- oder Pilgerkilometer zurückgelegt. (Wahrscheinlich war es ohnehin viel früher, weil ich sicher nicht alle erfasst habe.)
Hoffentlich ist Nomen nicht Omen
Diese Markierungssteine kann nicht so leicht jemand entfernen.
Die riesigen Azaleensträucher scheinen von einer ehemaligen Zucht übriggeblieben zu sein
Die Spargelernte aus der Folienkultur ist voll im Gange. Die Normalkulturen müssen noch warten.
Die Maschine hebt die Folie, damit die Ernter an die Spargelstangen kommen und legt sie dahinter wieder auf die Erde zurück.
Immer wieder durchschneidet der Weg größere Moorflächen wie das Frankenmoor.
Die Rapsfelder stehen in voller Blüte
In dieser Region wird in großer Tiefe (1200 – 1800 m) Salz durch Auslaugung gewonnen. Daher sind viele Tiefenbohrungen und Pumpanlagen eingerichtet. Die Sole wird in Stade weiter verarbeitet.
Ein altes Gasthaus an der Hauptstraße bei Ohrensen.
Ich komme nach Harsefeld und nähere mich durch den Klosterpark dem Zentrum.
Leider ist die Kirche ist am Nachmittag nicht geöffnet. Die Reste des alten Klosters kann man noch sehen. Die Grafen von Harsefeld haben Stade gegründet.
Ich gehe über den Hauptplatz weiter. Hier ist die Eisdiele „Dante“, von der mir bislang alle vorgeschwärmt haben. Dort gibt es nicht nur Eis!
Ich suche mein Quartier auf, das etwas außerhalb des Zentrums liegt und werde herzlich aufgenommen: Bed&Breakfast bei Werner Klintworth.
Gestern haben wir getratscht und getratscht und dann war es spät. Heute in der Früh habe ich dann den Blog aus technischen Gründen nicht absetzen können. In der Früh habe ich mit Fam. Preil gefrühstückt und bin etwas später auf den Weg gegangen, wissend, dass es bis Stade nicht so weit ist.
Vom Altdeich hat man immer wieder einen guten Überblick auf die Marschlandschaft zwischen altem und neuem Deich. Der neue Deich ist näher an der Elbe und wesentlich höher.
Das Leben hinter den Deichen ist auch bisweilen gefährlich. Hier bei Assel hat die Elbe die Dämme mehrfach durchbrochen und schwere Überflutungen verursacht.
An einem umgefallenen Baumstamm finde ich diesen gelben Pilz, vermutlich ein Schwefelporling.
Ein sehr hoher Turm in dieser flachen Landschaft fällt natürlich auf. Ein Nachbarin klärt mich auf, dass es sich um einen Bleischrotturm handelt. Man lässt flüssiges Blei in kleinen Tropfen im Inneren herunterfallen, damit sie ideale Kugeln werden. Unten fallen sie in ein Wasserbad, das sie endgültig abkühlt.
Die Festung Grauerort ist ein Fort bei Abbenfleth in der Nähe von Stade. Es wurde in den Jahren 1868 bis 1873 mit Unterbrechungen von Preußen an der Elbe zum Schutz vor feindlichen Schiffen auf der Elbe angelegt. Hier waren je fünf moderne Hinterlader-Rücklaufgeschütze des Kalibers 28 cm aufgestellt. Sie kamen nie zum Einsatz.
Nun heißt es Abschied nehmen von der Elbe, die mich ein kurzes Stück des Weges begleitet hat.
Ich komme nach Stade, wo ich mich gleich meines Rucksackes und meiner Stöcke in der Jugendherberge entledige. Ohne unnötige Last gehe ich in die Altstadt, wo ich mich mit Sigrid Strüber treffe. Wir tauschen seit längerem Informationen via Internet über Pilgerwege aus und treffen uns heute zum ersten Mal. Sie kennt ihre Wahlheimat bestens und ist eine exzellente Führerin.
Auf unserem Rundgang kommen wir zum Johanniskloster, wo eine Statue an den Chronisten und Abt Albert von Stade (1187 – 1264) erinnert. Er hat auch eine detaillierte Beschreibung seines Weges nach Rom verfasst.
Überall in der Stadt sind schöne, gepflegte Häuser zu finden, deren Geschichte interessant ist.
Die Kirche Ss. Cosmae et Damiani ist eine der Hauptkirchen der Stadt und wird meist nur Cosmaekirche oder St. Cosmae genannt.
Zu schnell geht dieser informative und nette Nachmittag zu Ende. Ich lerne viele Ecken kennen, die ich ohne Sigrid nie gefunden hätte.
Am Abend stärke ich mich mit lokalen Spezialitäten.
Tagesstrecke: 26,4 km; ↑ 65 m; ↓ 64 m inkl. 6,4 km Stadtrundgang
Das Wetter ist wieder gut zum Wandern. Durch die Königsstraße gehe ich wieder zum Elbedeich, wo ich mir den Weg durch die dösenden Schafe bahnen muss.
Von der Ferne sehe ich die Fährstation, wo die vier Fährschiffe ununterbrochen hin- und herfahren. Die Schlange der wartenden Fahrzeuge ist nicht so groß wie gestern.
Kaum angekommen kann ich schon an Bord gehen. Für Fußgänger gibt es keine Wartezeit.
Das Wasser und der Wind sind ganz ruhig, und so schaukeln wir quer über die Elbe zum Fährhafen von Wischhafen, der auch ein Stück außerhalb des Ortes liegt. Die Fahrtdauer beträgt etwa 35 Minuten für rund 6 km und ist abhängig vom Hauptschiffsverkehr auf der Elbe.
Ein Stück muss ich jetzt entlang der Straße wandern, aber es gibt einen breiten Fuß/Radweg.
Ein alter Getreidespeicher ist zu einem Museum für Binnenschifffahrt konvertiert. Leider, wie erwartet, geschlossen.
Der weitere Weg führt über die Deiche im Hinterland. Sie sind nicht immer leicht begehbar, weil ihre Krone meist sehr uneben und durch die Trockenheit betonhart ist.
Hier sehe ich die ersten Apfelkulturen, die gerade in Vollblüte stehen. Die Region gehört zu den Hauptproduzenten von Äpfeln in Deutschland.
Bei Dornbusch quert eine gepflasterte Straße meinen Weg. Hier treffen viele Radwege der Elbe-Weser- Region aufeinander. Hier verlasse ich wieder den Europäischen Weitwanderweg E9, dem ich seit Glückstadt gefolgt bin. Er verbindet die Küstenlinie von Estland bis Südportugal.
Im alten Binnenhafen von Dornbusch liegt dieser Kahn im Schlick. Er wird sich wohl nicht mehr von hier fortbewegen können.
Ich mache einen kurzen Abstecher zu einer Zugbrücke über einen Fleet.
Der Weißstorch hat von seinem Nest einen guten Überblick. Er steht kurz auf, als ich komme, widmet sich aber rasch wieder seinem Brutgeschäft.
Viel früher als gerechnet komme ich heute an meinem Ziel in Drochtersen an. Heute bin ich bei Familie Preil zu Gast, die jetzt Pilger privat aufnimmt. Ich durfte der Erste sein, der diese Gastfreundschaft genießen konnte. Der Zufall will es, dass der Hausherr Geburtstag hat, und so komme ich in den Genuss eines besonderen Mittagessens.
Tagesstrecke: 14,5 km; ↑ 14 m; ↓ 14 m und 6 km auf der Fähre
Diese Nacht hatte ich himmlische Ruhe. Kein Laut störte meinen Schlaf. Nach einem guten Frühstück in einer Bäckerei mache ich mich auf den Weg.
Inmitten vieler Bauten der 1980er Jahre mit phantasieloser Gestaltung sind auch ein paar historische Häuser zu finden.
Itzehoe liegt an der Stör und der Stör hat früher auch im Fluss gelebt. Es gibt Bestrebungen, den Fisch hier wieder einheimisch zu machen. Bei den Wassereinläufen auf den Straßen ist das schon gelungen.
Die Stör ist bis Itzehoe beschiffbar, wird aber kaum kommerziell genutzt. Die Gezeiten sind bis hierher zu beobachten.
Diese Fläche mit Industrieruinen hat den klingenden Namen „Planet Alsen“. Hier stand einst die Portlandzement Alsen, einer der wichtigsten Industriebetriebe der Gegend. Heute werden die Reste der Gebäude durch ein Kunstprojekt belebt.
In Neuenkirchen komme ich zu einer schlichten Kirche mit einem eigenständigen Holzturm. Leider, wie meistens, geschlossen.
Ich beobachte Reetdachdecker beim Ausbessern eines Daches.
Nun führt der Weg auf dem Deich dahin. Es ist nicht leicht, auf dem Grasweg zu gehen, da der Untergrund sehr uneben ist.
Da tun sich die die Jungrinder schon leichter. Ein Bauer bringt sie zum ersten Mal auf die Deichweide und sie springen und toben umher.
Auch Schafherden werden für die Pflege der Deiche eingesetzt.
Die Stör zieht weite Schleifen bis zu ihrer Mündung in die Elbe. Vor der Mündung steht ein Sperrwerk, das das Eindringen von Hochwasser aus der Elbe verhindert.
An der Mündung der Stör in die Elbe steht das stillgelegte Atomkraftwerk Brokdorf. Es war von 1986 bis 2021 in Betrieb.
Auf dem Weg entlang der Elbe beobachte ich das US – Containerschiff „Hudson Express“ auf dem Weg von Hamburg nach Großbritannien. Es ist 305 m lang und 40 m breit. Da müssen alle anderen Schiffe wie Fähren warten, bis der Koloss vorbei ist.
Hinter dem Deich beginnt Glückstadt. Die Häuser machen keinen armen Eindruck.
Glückstadt hat einen kleinen Binnenhafen, der von Sportbooten verwendet wird.
Glückstadt ist eine „Reißbrettstadt“ und wurde 1617 von Christian IV. (Dänemark und Norwegen) gegründet, um dem wachsenden Hamburg einen Gegenpol zu bieten. Ihr Zentrum ist sechseckig um den Hauptplatz angelegt.
Auf dem Hauptplatz sind gerade viele Fahrgeschäfte aufgebaut und verhindern einen Überblick über den Platz.
Die Stadtkirche ist das älteste Gebäude der Stadt, wurde aber immer wieder von Katastrophen heimgesucht.
Ich nächtige heute in der Pension „Der kleine Muck“.
Eine ruhige Nacht ist sicher anders definiert: Im Restaurant des Hotels und im angrenzenden Garten findet eine Hochzeitsfeier statt. So weit, so schön. Um Mitternacht detoniert die erste Feuerwerksrakete unweit meines Fenster und hebt mich vorerst aus dem Bett. Ich beschließe, mich mit den Gästen darüber zu freuen. Anschließend gibt es eine Lasershow mit Musik im Garten. Dann ziehen sich die Gäste teilweise in den Saal zurück, wo ein Diskjockey bis 6.15 Uhr einen Techno -Titel nach dem anderen auflegt. Die Bässe schaffen es immer wieder, in meinem Zimmer Gegenstände zur Resonanz anzuregen. Zwischendurch will ein Hochzeitsgast durch meine Zimmertür. So hat es sich für mich jedenfalls angehört. Dass ich zwischendurch doch geschlafen habe, führe ich auf die gestrige Tagesetappe zurück.
Das Frühstück ist auf jeden Fall ausgezeichnet.
Der Tag beginnt bei klarem Himmel mit ein paar Wölkchen. Auch heute gibt es keine größeren Orte auf meiner Strecke. Viel Natur und ein paar Dörfer bilden das Programm.
Dörfer wie Jahrsdorf können auf eine lange Geschichte zurückblicken.
Steine sind geduldig: Man huldige seinem Fürsten….
Er lässt sich nicht in seiner wichtigsten Tätigkeit stören: beim Fressen
Die Landschaft wird etwas strukturierter. Es gibt mehr Hügel, hier oft als Berg bezeichnet.
Rotkäppchen, Vorsicht! Woher der Name für das Dorf und den angrenzenden Kleinflugplatz kommt, ist nicht gesichert überliefert.
Ich gehe entlang der B77 in Richtung Itzehoe und habe eine lange Steigung auf den höchsten Punkt des Tages: der liegt am Sandberg mit 58 m.
Dann geht es hinunter in das Stadtzentrum von Itzehoe. Dort ist „verkaufsoffener Sonntag“ und Landtagswahlen in Schleswig-Holstein. Muttertag ist Nebensache
Nach einem ausgiebigen Frühstück will ich meine Tagestour starten. Da ich außerhalb des Stadtzentrums wohne, möchte ich mit dem Bus ins Zentrum zurückfahren. Nur am Samstag fährt der Bus selten, und schon gar nicht von der Haltestelle beim Hotel. Ich beschließe also doch von Anfang an zu Fuß zu gehen.
Wie schon gestern Nachmittag wandere ich entlang des Nord-Ostsee-Kanals bis zur Hochbrücke. Wieder fährt ein Schiff durch und gleichzeitig überqueren gleich zwei Züge den Kanal.
Dann fahre ich als einziger Passagier mit der Seilfähre zum Südufer. Kurz vor der Anlandung kreuzt eine Kinderstube von Gänsen zusammen mit ihrer „Aufsicht“ den Kurs der Fähre.
Am Ufer hat sich eine Produktionsfirma für Windkrafträder angesiedelt. Erst in der Nähe kann ich die Größe erfassen.
Ursprünglich wollte ich durch den Füßgängertunnel an das Südufer kommen. Ich schaue mir die Station am Südufer an. Mit eine Rolltreppe fahre ich in die Tiefe und werfe einen Blick in den Tunnel, der etwa 18 m unter der Wasseroberfläche liegt.
Die heutige Route verläuft über das flache Land und hat außer ein paar Dörfern nicht viel zu bieten. Die Kirchen sind geschlossen und auf den Straßen ist nicht viel los.
Manchmal sind Gebäude noch oder wieder mit Reet eingedeckt. Das Land wird intensiv landwirtschaftlich genutzt.
Die Höfe sind sehr weitläufig und sind meist Rinderzuchtbetriebe.
Durch die intensive Nutzung ist die Artenvielfalt in der Tier- und Pfanzenwelt eingeschränkt. Meine „Beute“: zwei Rehe, drei Hasen und ein Bussard, der mich fast gerammt hat. Bei der Wildtulpe oder Weingartentulpe (Tulipa silvestris) bin ich mir nicht sicher, ob es sich um ein natürliches Vorkommen oder um eine von Menschen verursachte Verbreitung handelt. Sie ist jedenfalls die einzige Wildform in Deutschland.
In Tappendorf komme ich mit zwei jungen Frauen mit Kleinkindern ins Gespräch. Im Ort gibt es einen kleinen Laden und ein Gemeindehaus für Vereine in der alten Schule. Sonst gibt es keine infrastrukturelle Einrichtung.
Auch so können elektrische Schaltanlagen aussehen?
In Hohenwestedt ließ ein Fabrikant von Muschelwaren sein Haus mit Muscheln verzieren.
Vor der geschlossene Kirche in Hohenwestedt stehen die alten Glocken.
Obwohl ein Hoch über dem Land liegt, ist es in der Früh grau und nebelig. Zum Glück ist es aber nicht kalt.
Heute kann ich den Spruch über den Kropperbusch verstehen: Du büs Kropper Busch noch ni vörbi“ – Du bist bei Kropperbusch noch nicht vorbei. Der Kropperbusch ist auch heute noch ein riesiger Wald. Da war er früher sicher noch größer.
Heute kann ich mir den Ochsenweg so richtig vorstellen. Eigentlich ist dieser Weg schon von Händlern in der Bronzezeit intensiv benutzt worden, weil es hier günstige Übergänge über die Eider und die Sorge gab.
Gleichzeitig war die Route auch ein Heerweg für ein paar Feldzüge. Im Mittelalter war er ein bedeutender Jakobsweg für Pilger aus Skandinavien nach Santiago oder auch nur nach Köln.
Die Heide wurde auch für die Schafzucht genutzt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde sie intensiviert und eine Königliche Schäferei eingerichtet, die bis in die 1950er Jahre bewirtschaftet wurde.
Auf diesen langen, sandigen Wegen in breiten Schneisen wurden zwischen 1350 und 1870 jährlich eine große Menge Rinder, vornehmlich Ochsen aus Dänemark in Richtung Deutschland getrieben. In den deutschen Städten herrschte Fleischmangel. Die Tiere wurden im Alter von 4 bis 5 Jahren vornehmlich im Frühjahr verkauft und in Triften nach Deutschland getrieben. Dort wurden sie von den Händlern nochmals ordentlich aufgepäppelt und mit großem Gewinn an die Schlächter verkauft.
Die Tiere wurden einem „Futterschaffer“ übergeben, der mit einer großen Anzahl Treibern dafür sorgte, dass die Tiere versorgt wurden und wohlbehalten ankamen. Für je 50 Tiere brauchte man etwa vier Treiber.
Mit der Errichtung der Eisenbahn waren die großen Viehtriebe Geschichte.
Heute informieren viele Schautafeln über die Geschichte des Weges und über den Naturpark „Hüttener Berge“.
Die Landschaft ist hier alter Dünenboden, daher gibt es Sand im Überfluss.
Ich überquere die Sorge, ein kleines, langsam fließendes Flüsschen.
In Fockbek, einem ehemaligen Fischerdorf, komme ich an einer modernen Kirche vorbei. Hier hole ich mir auch den obligatorischen Stempel.
Entlang der alten Eider- Altarme komme ich ins Zentrum von Rendsburg.
Gleich in der Nachbarschaft steht die ev.-luth. Marienkirche, eine spätgotische Backsteinhallenkirche und damit die älteste Kirche in Rendsburg. Nach einem Kirchenbrand wurde die heutige Kirche um 1300 errichtet.
Rendsburg war für mich schon lange wegen der „Rendsburger Schleife“ ein Begriff. Die Bahn muss den Nord-Ostsee-Kanal in großer Höhe überwinden, was aus Platzmangel mit einer engen 360 Grad – Schleife und einer Brücke geschieht. Die Brücke wurde 1911 – 1913 errichtet, ist ca. 2, 5 km lang und hat eine lichte Höhe von 42 m. Die größte Spannweite beträgt 140 m.
Unter der Brücke hängt eine Seilfähre, die zum Glück seit März 2022 wieder in Betrieb ist.
Jedes Schiff, das hier durchfährt, wird von der Schiffsbegrüßungsstelle mit der Nationalhymne des Zulassungslandes begrüßt und den Besuchern vorgestellt. Dieses 170 m lange Frachtschiff beschert uns die Hymne der Marshall Islands und fährt zum ersten Mal durch den Kanal.
Tagesstrecke: 22,8 km; ↑ 12 m; ↓ 8 m und Stadtrundgang 6,4 km
Heute bin ich besonders früh dran. Das Frühstück steht kurz nach 6.30 Uhr im Nebenraum auf dem Tisch und ich genieße es ausgiebig.
Dann mache ich mich um 7.30 Uhr auf und erlebe die aufwachende Stadt. Ich komme bei einigen historischen Gebäuden vorbei, die auch heute noch Bedeutung haben.
Die Schlei liegt völlig ruhig und spiegelglatt im Sonnenlicht.
Ich muss um die Schleispitze einen weiten Bogen machen. Im Hafen gibt es zwar Werbung für eine Fähre über den Meeresarm, aber ich habe keinen Fahrplan gefunden.
Vom anderen Ufer wirkt der Dom noch imposanter. Er wird noch lange auf meinem heutigen Weg zu sehen sein.
In Haddeby stehe ich wieder vor einer verschlossenen Kirche. Unweit davon ist dem Apostel des Nordens, St. Ansgar, eine Gedenkstätte gewidmet. Ansgar wurde 801 in Amiens geboren und kam als Benediktiner zum Missionieren in diese Gegend.
Unweit der Gedenkstätte steht das Wikinger- Museum Haithabu, das leider noch geschlossen ist. Die Gebäude erinnern an umgedrehte Schiffsrümpfe.
Haithabu an der nahegelegenen Schleibucht war eine Wikingerstadt von großer europäischer Bedeutung in der Zeit von 770 bis 1066 n.Chr. Hier kreuzten sich die Handelswege aus allen Richtungen, hier lebten damals schon Menschen verschiedener Völker und Religionen zusammen. Es zählt seit 2018 als Archäologischer Grenzkomplex Haithabu und Danewerk zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Heute sind an Stelle der Stadt einige Häuser nach genauem archäologischen Vorbild errichtet worden. Hier werden auch wichtige Tätigkeiten in experimenteller Archäologie dargestellt.
Hinter der Anlage erstreckt sich das Selker Moor. Dort steht auch einer der vielen skandinavischen Runensteine. Diesen setzte Asfried für ihren Sohn Sigtrygg.
Auf dem Wasser tummelt sich ein Dutzend Haubentaucher
An der Ostseite steigt die Moräne so steil an, dass Stufen benötigt werden, um sie zu überwinden.
Der Frühling ist hier gerade am Höhepunkt.
Ich komme an einer großen, bereits aufgelassenen Mühle vorbei. Das Haupthaus zeigt den Wohlstand der Besitzer.
Hinter der Mühle erstreckt sich ein großer Teich als Wasserspeicher mit einem besonderen Wächter.
Jetzt komme ich auf die langen Geraden des Ochsenweges. Jährlich wurden innerhalb weniger Wochen bis zu 50.000 Rinder nach Süden getrieben. In Kropp erinnert eine Gedenktafel an diese Ereignisse.
In Kropp kann ich die Dorfkirche besichtigen. Sie ist offen, weil gerade eine Verabschiedung stattgefunden hat.
Ist das Rundumservice?
Ich nächtige etwas außerhalb von Kropp im ehemaligen Gasthof Kropperbusch, heute Hotel Garni. Für die Menschen auf dem Ochsenweg galt: „Du büs Kropper Busch noch ni vörbi“ – Du bist bei Kropperbusch noch nicht vorbei – Freu dich also nicht zu früh! Ich bin jetzt da und freue mich auf das schöne Zimmer.
Nach einem „ausreichenden“ Frühstück geht es in morgendliche Frische los.
Der Weg führt zum Idstedter See und an der Ostseite auf schmalen Wegen herum. Die Westseite wäre kürzer gewesen, aber auch so schön?
Über angenehme Waldwanderwege komme ich zum Abstecher zur „Idstedter Räuberhöhle“. Diese „Räuberhöhle“ ist ein relativ gut erhaltenes Hügelgrab aus der Zeit zwischen 3300 und 2800 v.Chr.
Auf einem großzügig abgegrenzt Areal treffe ich auf diesen Bullen, der sich beim Wiederkäuen seines Frühstücks nicht stören lässt. Die Prachthimbeere ist aus Nordamerika importiert worden und gedeiht im Wald prächtig.
Ich komme nach Schleswig-Gottorf, wo im barocken Neuwerkgarten das Globushaus steht.
In diesem Globushaus steht der Nachbau eines drei Meter großen, begehbaren Globus, den Herzog Friedrichs III. von Gottorf 1650 in Auftrag gegeben hat. Das Original wurde ein nicht freiwillig gemachtes Gastgeschenk für Zar Peter dem Großen. Leider brannte es in St. Petersburg ab.
Durch eine Tür rechts kommt man in das Innere des Globus und sieht von innen die Sternbilder. Das Original wurde von einer wassergetriebenen Mechanik gedreht. Heute ist er elektrisch angetrieben. Im Moment hatte der Globus gerade eine Störung und ich musste mit einer 3D- Schau zufrieden sein. Von solchen begehbaren Riesengloben sind weltweit nur vier bekannt.
Von der Terrasse des Globushauses habe ich einen guten Überblick auf den barocken Terrassengarten, dem ersten in Nordeuropa, und auf das Schloss Gottorf.
Über die langgezogene Schlossallee komme ich zum Schloss Gottorf, das heute von einem Skulpturengarten umgeben ist
Das Schloss wurde in seiner über achthundertjährigen Geschichte mehrfach umgebaut. Aus einer Burg wurde schließlich ein Barockschloss und dieses war namensgebend für das herzogliche Haus Schleswig-Holstein-Gottorf, aus dem im 18. Jahrhundert unter anderem vier schwedische Könige und mehrere russische Zaren hervorgingen.
Heute beherbergt es die bedeutendsten Museen Schleswig-Holsteins.
In einem eigenen Gebäude befindet sich das 23 Meter lange, im Nydammoor bei Sonderburg gefundene Nydam-Schiff, das um 320 n. Chr. gebaut wurde.
Im Archäologiemuseum sind die bedeutendsten Funde des Landes, von der Steinzeit beginnend, zu bewundern.
Im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte werden Kunstwerke der bildenden Kunst gezeigt.
Auch die Schlosskapelle ist sehr prachtvoll.
Auf meinem Weg in die Stadt komme ich an einem Hinweisschild vorbei: Nur 3192 km bis Santiago! Von Graz aus sind es 3260 km! Wir liegen in Graz halt sehr weit im Osten.
Jetzt habe ich eine schöne Aussicht auf die Schlei, einen Meeresarm der Ostsee.
Ich komme in die Innenstadt und bin vorerst sehr enttäuscht. Ein Ramschkasten neben den anderen. Dazwischen ein paar Lokale.
Ich orientiere mich am Dom und bin beeindruckt von der Höhe des Turmes. Der ist mit seinen 112 m der dritthöchste im Lande, ist der jüngste Teil des Gebäudes (1888 – 94) und hat eine neu gestaltete Fassade.
Im Inneren tritt die Gotik voll in Erscheinung: Hell und freundlich bis zur Decke.
Wegen der bevorstehenden Konfirmation werden gerade Vorbereitung für das Fest getroffen. Sieht gerade wie der Aufbau einer Disco aus
Im St.-Petri-Dom zu Schleswig steht der Brüggemann- oder Bordesholmer Altar (1517-21) aus Eichenholz. Die Schnitzereien sind überaus filigran und stellen Szenen aus der Bibel dar.
Im nördlichen Chorschiff befindet sich das elegante Renaissance-Kenotaph Friedrichs I., König von Dänemark und Norwegen, Herzog von Schleswig und Holstein. Das Grabmal wurde 1552 für den Chor geschaffen aber 1901 hierher verlegt. Wollten die Schleswiger nicht immer mit ihrem „Besatzer“ konfrontiert werden?
Den ältesten Teil der Kirche repräsentiert das Petri-Portal von ca. 1180 auf der Südseite.
Ich besuche noch den Stadtteil Holm, der einen eigenen Charakter hat.
Heute übernachte ich im Haus Schleivogel unweit des Rathauses.
Tagesstrecke: 24,5 km; ↑ 102 m; ↓ 120 m. inkl. Stadtrundgang
In der Früh wird es früher hell als bei uns. Der Himmel ist wieder wolkenlos und es verspricht ein schöner Tag zum Wandern zu werden. Die Frühtemperatur liegt bei stolzen 7 Grad.
Beim ältesten Zentralen Omnibusbahnhof, kurz ZOB, nehme ich ein kleines Frühstück ein. Ich weiß noch nicht, dass es bis zum Abend nur meine Bananen geben wird.
Im Viertel um St. Johannis stehen kleine, gemütliche Häuser. Die ev. luth. Kirche St. Johannis wurde im 11. Jhdt. errichtet und immer wieder erweitert.
Gleich hinter dem Bahnhof geht es erstmals weg vom Asphalt, wenn auch nur für kurze Zeit.
Die Freie Waldorfschule lockt mit ihrer Architektur und ihrer Lage im Grünen.
Wegmarkierungen gibt es genug! Später sollen auch die für den Jakobsweg hinzukommen.
Und wer noch unentschlossen ist, kann sich hier ein Wanderziel aussuchen.
Es ist nicht so eben, wie man landläufig glauben mag. Ständig geht es sanfte Hügel hinauf und hinunter. Für Wanderer kaum merkbar, dürften Radfahrer schon eher ins Schwitzen kommen.
Im Arnkiel – Park, benannt nach dem Pastor Trogillius Arnkiel, sind Reste alter Langmegalithbauten aus der Trichterbecherkultur 3500 – 2800 v. Chr. und ein rekonstruiertes Langgrab aus der Zeit zu bestaunen. Arnkiel hat diese Bauten 1650 in seiner Beschreibung des Ochsenweges erwähnt. Viele diese Bauten wurden zerstört und ihre Bausteine vor allem im 19. Jhdt. für Neubauten verwendet.
An den Ufern des Sankelmarker Sees zwischen den Dörfern Sankelmark und Oeversee tobte am des 6. Februar 1864 eine schreckliche Schlacht zwischen den Dänen und den preußischen Truppen. Im Zuge des deutsch-dänischen Krieges war auch Österreich als Bündnispartner Preußens mit einem Regiment involviert, das steirische Infanterie-Regiment Nr. 27 „König der Belgier“ aus Graz. Während des nur wenige Stunden dauernden Kampfes verloren die Österreicher 28 Offiziere und 403 einfache Soldaten, die Dänen, die auf der Flucht in schweres Artilleriefeuer gerieten, 18 Offiziere und 944 Soldaten.
Nach dieser Schlacht wurde in Graz der Oeverseeplatz und danach das Oeverseegymnasium benannt.
Der Gefallenen wird an mehreren Gedenkstätten gedacht.
In Oeversee steht der „historische Krug“, eine Gaststätte mit Geschichte. Das Bauwerk hat keinen Bezug zur Geschichte, aber der Platz. Hier war das erste Feldlazarett nach den Vorgaben des neu gegründeten Roten Kreuzes nach der Schlacht bei Oeversee untergebracht.
Als Dank für seine humanitären Taten verlieh der österreichische Kaiser Franz Joseph I. dem Gastwirt Hans Peter Clausen ein Jahr später das goldene Verdienstkreuz.
Hier gibt es auch einen Grazer Platz, in Erinnerung an die Herkunft der „Sieger“.
So jetzt habe ich mich genug historisch ausgelassen. Mich würde interessieren, wie lange das Regiment gebraucht hat, um nach Norddeutschland zu kommen.
In Oeversee gibt es auch eine alte Wehrkirche, die St. Georgskirche, aus dem 12. Jhdt.
Die Schlehenhecken und Rapsfelder stehen voll in Blüte.
In Süderschmerdeby sehe ich das erste Reetdach-Haus
Der prachtvolle Bau in Siverstedt fällt mir gleich auf. Leider ist die Kirche aus dem 11. Jhdt. geschlossen.
Leider gibt es auf diesem Streckenabschnitt keine Unterkunftsmöglichkeiten, sodass ich bis Idstedt durchgehen muss. Die Landschaft ist schön, leider sind die Radwege, auf denen auch die Wanderwege verlaufen, oft asphaltiert.
Mitten im Wald stoße ich auf eine Stele aus der Zeit Christians VII., König von Dänemark, die als Jagddenkmal bezeichnet ist.
In Idstedt komme ich bei Familie Buchweitz unter und werde gleich mit Kaffee und Apfelkuchen empfangen.
Die Mobilfunkverbindung ist „worst case“. Im Haus kann ich nicht einmal telefonieren. Ein Stück weit weg geht es einigermaßen.