Die Morgendämmerung ist kaum wahrnehmbar. Dunkle, dichte Wolken verdecken den Himmel. Es ist die Frage, welche der drei Wetterprognosen aus dem Internet zutreffen: Regen, Regen bis höchstens 8 Uhr oder nur dichte Bewölkung. Ich entschließe mich für letztere und darf Recht behalten. Um 6.45 Uhr werfe ich den Schlüssel in den Briefkasten, denn vor 7.30 Uhr gibt’s kein Frühstück.
Ich treffe gleich auf dem Weg einen Italiener, mit dem ich bis zur 1. Pause wandere, die nicht lange auf sich warten lässt: die Fuente de Vino, der Weinquelle bei einem Weingut. Jeder Pilger kann dort typischen Landwein trinken. Leider war die Quelle gerade fast ausgetrocknet. Da haben wohl vor uns einige intensiv verkostet. Das Weingut ist gleichnamig mit dem angrenzenden ehemalig Kloster Monesterio de Irache.
Jetzt geht es durch Wäldchen, an Feldern vorbei, hügelauf und hügelab. Dann steigt der Weg hinauf nach Monjardin, einem kleinen verschlafenen Nest unter einer Burgruine aus dem 10. Jhdt. Viele Pilger nutzen diesen Ort für ein Frühstück und so herrscht in der Bar ein ständiges Kommen und Gehen.
Nach dem Abstieg führt der Weg entlang eines Baches wieder durch Weizenfelder und kleine Weingärten.
Durch kurzweilige Gespräche mit netten Leuten abgelenkt, liegt Los Arcos vor mir.
Hier gibt es auch das Casa Austria, eine Pilgerunterkunft, die von Österreichern betreut wird. Ich hole mir einen Stempel zu Erinnerung. In der Kirche dominiert wie überall hier ein vergoldeter Hochaltar.
Los Arcos, am Rio Odron gelegen, wurde durch eine Schlacht im 11. Jhdt. in Spanien bekannt. Skulpturen vor dem Kulturhaus erinnern an die Geschichte des Ortes.
Wie die meisten Mitwanderer auch beschließe ich weiterzugehen: das Wetter ist angenehm kühl, es ist noch früh am Tag und es sind „nur“ noch 7 km bis Torres del Rio.
Das Gelände ist offen, man sieht das vermeintliche Ziel, geht seitlich fast vorbei und kommt nach… Sansol, auf der Spitze eines Hügels. Das Ziel aber liegt, durch einen tiefen Einschnitte getrennt, auf dem Gegenhang. Also wieder 60 Höhenmeter hinunter und 50 wieder hinauf. Ich entschließe mich gleich für eine Herberge und buche die Übernachtung, Abendessen und Frühstück.
Nach angenehmer Dusche und isotonischem Ausgleich erkunde ich den Ort. Gleich neben der Herberge steht die aus dem 12.Jhdt. stammende Grabkirche Iglesia del Santo Sepulcro, ein achteckiger Bau mit starken maurischen Einflüssen im Inneren.
Der Bau war ein Substitutionsbau: er sollte jenen Menschen die Grabeskirche in Jerusalem nahebringen, die keine Wallfahrt ins Heilige Land machen konnten.
Nach mehr als 30 km an diesem Tag bin ich zu weiteren Erkundigungen nicht zu motivieren.