Archiv des Autors: Gerhard Pierer

12. Tag Samstag, 17. Mai 2014 Atapuerca nach Burgos

imageNach angenehmer Nacht bin ich wieder ab 6.45 Uhr auf dem Weg. Es hat gerade zwei Grad auf dem Thermometer vor der Herberge. Auf dem leichten, aber steinigen Anstieg zum Matagrande (1078 m)
geht die Sonne auf.

 

imageIch gehe mit einem englischen Zimmermann, der 29 Jahre alt ist, aber schon in vielen Ländern, vor allem in Kanada und Australien gearbeitet hat.
Kaum sind wir über den Berg haben wir einen ersten Blick auf Burgos.

 

imageEs wird aber doch noch ein weiter Weg. Mit einer Pause fürs Frühstück gehen wir bis Burgos durch. Von der Ortstafel bis zu Kathedrale dauert es ziemlich genau eine Stunde. Dann brauche ich noch eine Stunde bis ich ein Quartier gefunden habe. Der Grund: Heute findet das Stadtfest statt und von überall kommen die Leute.

imageIch mache mich nach einer Erholungspause auf den Weg ins Zentrum.
Durch das schönste Tor komme ich in die Stadt.

Die Kathedrale ist atemberaubend. Obwohl das Gebäude zu verschiedenen Zeiten erbaut und immer wieder erweitert wurde, scheint es eine Einheit zu sein.
So merke ich erst danach, wie hungrig ich bin. Die Auswahl ist groß, wer verhungert, weil er nichts findet, selber schuld.
Überall laden Lokale zum Verweilen ein.

imageAm Abend geht’s sicher rund mit vielen Attraktionen.

11. Tag Freitag, 16. Mai 2014 Villambistia nach Atapuerca

Gleich zum Aufwachen Stress. In der Nacht muss mir die Brille aus dem Stockbett gefallen sein. Ohne Brille Brillensuchen ist für einen Brillenträger eine Katastrophe. Auf dem Boden ist sie nicht, im Bett unter mir ist sie auch nicht. Mit der Reservebrille und mehr Licht sehe ich sie auf dem Rucksack des Nachbarn. Glück muss man haben! Was wäre geschehen, wäre sie IM Rucksack gelandet?
imageIch breche ohne Frühstück auf; das werde ich in Villafranca nachholen.
Auf dem Dorfplatz komme ich bei einem achteckigen Brunnen vorbei, von dem es eine Legende gibt: Von Pilgern, die mit dem Kopf in das Wasser eintauchen, fallen alle Qualen des Pilgerns ab. Da ich gerade Haare gewaschen habe, muss ich wohl weiterleiden. Nein,  so schlimm ist es ohnehin nicht.
Zuerst erwartet mich ein Fastvollmond und kalte Luft, sehr kalte Luft. Am Rasen des Sportplatzes liegt Reif – also unter null Grad. Auf der anderen Seite geht gerade die Sonne auf und das bei wolkenlosem Himmel.
Ausnahmsweise sehe ich vor und hinter mir keine Pereginos.

imageIn Villafranca gehe ich in eine Bar und bestelle einen Cafe solo, einen Orangensaft und ein Croissant. In dem Moment kommt die Australierin, die mit den Stöcken, herein und wir frühstücken gemeinsam. Sie ist glücklich mit ihren Stöcken und fragt, ob sie mich begleiten dürfe. Gleich am ersten Berg legt sie ein gewaltiges Tempo vor. Ich sage ihr, dass ich es langsamer angehen will. Bald finden wir einen gemeinsamen Rhythmus und gehen die nächsten zwölf Kilometer mit zwei kurzen Trinkpausen durch. Die Eichen treiben gerade die ersten Blätter aus und manchmal säumen hohe Erikabüsche in violett und weiß den Weg.
In San Juan de Ortega stärken wir uns wieder, ehe wir die nächsten sechs Kilometer bis Atapuerca angehen. Dort trennen uns die Wege, ich gehe in die Herberge, sie will weiter in Richtung Burgos.
imageAm späten Nachmittag unternehme ich eine Exkursion zur Ausgrabungsstelle, an der man die ältesten Vormenschen Europas gefunden hat. Der Homo Antecessor wird auf 900.000 Jahre geschätzt, ein neuerer Fund auf 1,2 Mill. Jahre. Aufgekommen ist die Fundstelle, als man um 1900 eine Eisenbahntrasse baute. Die Eisenbahn fuhr dann gerade von 1901 – 1911. Heute wird weitergegraben, aber auch, wenn auch nur auf Spanisch präsentiert.
Beim Abendessen in einem Dorflokal geht’s international zu:
Österreich, Italien, Dänemark, Frankreich, Deutschland sind vertreten. Es gibt mit Thunfisch und mit Gemüse gefüllte Auberginen als Vorspeise. Ich wähle Bakalao als Hauptspeise und Topfentorte zum Nachtisch. Dazu gibt es Wein, Brot und Wasser. Auf dem kurzen Heimweg merke ich, wie frisch der Wind weht. Wir sind auf über 1000 m!

10. Tag Donnerstag, 15. Mai 2014 Santo Domingo de la Calzada nach Villambistia

Nach einer ruhigen Nacht fangen unangenehme Zeitgenossen um 5.00 Uhr früh an, ihre Klamotten zusammenzusuchen und ohne Rücksicht auf die Schlafenden Lärm zu machen. Gegen 5.45 reicht es mir, ich nehme meine Sachen und packe den Rucksack im Aufenthaltsraum, genehmige mir ein Frühstück aus guter Hartwurst, Schafkäse und Orangensaft. image

Kaum bin ich aus dem Tor, empfängt mich ein unangenehmer, kalter Wind zwischen den Mauern der Altstadt. Vielmehr als 5 Grad hat es sicher nicht, aber eine zusätzliche Jacke wärmt ausreichend. Über die alte Pilgerbrücke verlasse ich die Stadt.

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Kurz darauf erlebe ich einen wunderschönen Sonnenaufgang, der die Kälte bald vergessen lässt.

 

imageDer heutige Tag lässt auf keine  Höhepunkte hoffen. Es ist ein Tag, der durch die Provinz Rioja in die Provinz Castilla y Leon fûhrt.

Landschaftlich dominieren Hügel mit Getreidefeldern, durch die sich unser Weg aber auch die Autobahn zieht.

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imageIn Belorado komme ich grade zu Mittag an, alle Geschäfte sind geschlossen und ich setze mich in eine Bar, um zu essen. Ich treffe dort auf eine Australierin, die sich tags zuvor Walking-Stöcke gekauft hat, damit aber nicht zurecht kommt. Kein Wunder, dass sie keine Freude damit hatte: Weder Länge noch andere Einstellungen haben gepasst. Zum Essen gab’s übrigens herausgebackene Schafsohren, eine Spezialität.

Dann schließe ich noch ca. sieben Kilometer an, bis ich in der kleinen Herberge von Villambistia einchecke und gleich wieder auf „alte“ Bekannte stoße. Alle genießen nach dem langen Tag die Sonne und die Ruhe, sind es doch heute einiges über 30 km Stecke geworden.

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9. Tag Mittwoch, 14. Mai 2014 Nájera nach Santo Domingo de la Calzada

Wenn viele im Schlafsaal schnarchen, wird daraus ein Concerto grosso in Schnarch Moll. Es ist verwunderlich, wie sich die Pilger die geringe Infrastruktur des Hauses zunutze machen und dass es nirgends zu Staus oder gar Konflikten kommt.
imageIch gehe früher als sonst weg, um gleich um die Ecke zu frühstücken. Um genau 7.00 Uhr bin ich beim Kloster Santa Maria de Real, das wunderschön im Morgenlicht leuchtet.

 

 

imageKurz nach dem Start taucht ein Pfahl mit der Entfernung nach Santiago auf.
Die Entfernungsangaben nach Santiago der verschiedenen Führer und die Angabe auf dem Schild differieren, aber die 200 km – Marke ab Anfang unsere Strecke haben wir sicher erreicht.
Die heutige Tagesstrecke lässt unterwegs keine Besonderheiten vermuten. Es geht mehr oder weniger parallel zur Hauptstraße bzw. zur neuen Autobahn dahin. Es gibt kaum Orte. Vorerst sind es vor allem überraschend kleinstrukturierte Weingärten, die uns begleiten. sie werden zunehmend durch Getreidefelder (Gerste und Weizen) abgelöst. Sogar eine Hopfenkultur sehen wir. Plötzlich taucht ein Golfplatz auf: Campo de Golf die Alto Rioja.
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Die ganze Anlage besteht aus dem Golfplatz, aus ganzen Siedlungsreihen, Sportplätzen und Freizeiteinrichtungen. Und fast überall das Schild „VENDE“ – zu verkaufen.
Die spanische Immobilienblase hat ihre Spuren hinterlassen. Im Cafe des Golfklubs sind Pilger herzlich willkommen, vor ein paar Jahren waren sie Störfaktor vor dem Anwesen. So sitzen wir fünf Pilger auf der Terrasse des Golfklubs und sind die einzigen Gäste. Nur die Greenkeeper stören die Idylle mit ihren Rasenmähern.
imageDer Weg beginnt eintönig zu werden, wir hoffen, dass unser Ziel bald auftaucht.
Santa Domingo feiert gerade in dieser Woche ihren Namenspatron. So kommen wir neben der Baukunst auch etwas von der Volkskultur mit. Direkt vor unserer Herberge feiern die Bewohner ein Straßenfest mit Musik und gekochten Champignons.

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8. Tag Dienstag, 13. Mai 2014 Logroño nach Nájera

Nach einer herrlichen, schlafreichen Nacht – der Rioja allein kanns nicht gewesen sein, bin ich hellwach und schreibe den Blog von gestern. Pünktlich um 7.00 Uhr verlasse ich das Haus, um gleich zwei Ecken weiter in ein Cafe einzukehren, wo Bekannte sitzen. Gleich nach dem Aufsteheimagen zu frühstücken ist neu für mich am Camino. Nach Kaffee und Croissant breche ich endgültig auf und wandere immer geradewegs nach Westen zum Stadtrand. Durch einen Park verlasse ich schließlich das Stadtgebiet.
Hier gedeihen schon prächtige Feigen.

Im Parc la Grajera liegt der gleichnamige Stausee, der zur Wasserversorgung von Logroño dient. Um den See ist ein Naturschutzgebiet mit entsprechenden Informationsständen eingerichtet worden.

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imageGleich nach dem Park treffe ich auf eine der skurrilen Figuren auf dem Camino.
Miguel gibt sich als Eremit aus, fährt offensichtlich mit seinem relativ neuen Wagen zu seinem Stand, wo er gegen Spenden Pilgerstempel ausgibt und Obst und Pilgerstäbe verkauft.
Dann schlängelt sich der Weg auf einen Hügel hinauf (Norddeutsche und Holländer würden von Berg sprechen) und vor uns tut sich die Rioja auf. Auf dem Weg nach Navarrete gehe ich an den Ruinen einer Pilgerherberge aus dem 12. Jhdt. vorbei. Navarrete soll für seine Tonwarenerzeugung bekannt sein. In der Kirche beeindruckt wieder ein vergoldeter Barockaltar.
Der Weg führt an Weingütern vorbei bis ich nach Ventosa komme. Dort wollte ich für heute Schluss machen, aber:
Die besonders schöne Kirche ist geschlossen, weil es schon später als 12 Uhr ist. Ich gehe in die nächste Bar = Gasthaus und esse Schinken mit Spiegelei und Pommes. Dazu ein isotonisches Ausgleichsgetränk. Was soll ich in dem Dorf bis morgen machen? Ich mache mich auf die Socken und wandere die neun Kilometer weiter bis Nájera. Die erste Herberge ist voll. Die Hotels auch. Ich finde die Gemeindeherberge mit einem riesigen, vollen Schlafsaal. Besser als auf der Straße. Allmählich treffen viele Bekannte ein, denen es gleich ergangen ist.
Ich besuche das Benediktinerkloster Santa Maria la Real, wo viele navarrische Könige bestattet sind. Wie überall: Pracht und Prunk bis unter die Decke.
Ein Abendessen lässt den Tag ausklingen. Was könnte das besser begleiten als ein Glas Rioja.

7. Tag Montag, 12. Mai 2014 Torres del Rio nach Logroño

imageManche konnten es nicht erwarten. Obwohl es draußen stockfinster ist, machen sie sich auf den Weg. Ich kann sie nicht verstehen. Noch nicht?..
Heute frühstücke ich um 7 Uhr in der Herberge. Der Mann hinterm Tresen schaut aus, als hätte er die Nacht durchgemacht. Wenn ich mich aber erinnere, hat er gestern Mittag auch nicht anders ausgesehen.
Bei bestem Wetter, leichten Wolken und etwa 8 Grad geht es wieder auf den Weg. Vor und hinter mir einzelne Wanderer. Um diese Zeit ist es fast schöner alleine zu gehen, weil man da die Natur besser aufnehmen kann.
Die Vögel singen von jedem Strauch um die Wette und der Ginster duftet.
Die Robinien locken durch ihren honigsüßen Duft die Bienen an, dass man glaubt, ein Schwarm säße im Baum.

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Dann gibt es den ersten Blick auf das Tal des Rio Ebro.

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Der Weg geht weiterin rauf und runter. Es tauchen mehr Weingärten auf, die aber auch eher kleinstrukturiert sind. Unser nächster Stopp ist in Viana, natürlich auf einem Hügel gelegen. Es gibt eine gute Aussicht auf die Kordilleren und auf ein Naturschutzgebiet, das vor allem Vögeln Schutz gibt.

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Dann kommt Rioja, das der Region und dem Wein den Namen gegeben hat. Hier sehe ich die bekannten Weinrosen zum ersten Mal in Spanien.

 

 

 

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Der Pilgerpfad ist eine bestens ausgebaute Straße für Wanderer und Radfahrer geworden und nach einer halben Stunde stehe ich an der Brücke über den Ebro, die in die Stadt Logroño führt.

So mächtig schaut er nur aus, weil er kurz flussabwärts gestaut ist. Sonst kommt er gerade auf eine halbe Mur bei Niedrigwasser.
Die Dammhöhen lassen aber auch auf gewaltige Wassermassen zu anderen Zeiten schließen.

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In der Altstadt von Logroño beeindruckt die Concateral de Santa Maria de la Rodonda die Ankommenden.

Der Abend klingt mit einem vorzüglichen Pilgermenü aus: Fischsuppe, Lammbraten mit Kartoffeln und Schokoeis. Dazu einen guten Rotwein. Dann gönne ich mir mit einem Kärntner Wanderfreund noch einen Gutenacht-Schluck: einen ausgezeichneten Rioja in einem der besseren Häuser der Stadt. Der Preis für ein gut eingeschenktes Achterl:
1,80 €!
Gute Nacht…

Zwischendurch

Liebe Begleiterinnen und Begleiter auf meinem Weg!
Danke für eure netten Kommentare, die ich gerne mitverfolge. Entschuldigt, dass ich nicht darauf antworte. Ich habe öfters Probleme überhaupt einen Post zu senden. Auch bei den Bildern bin ich auf meine Handyaufnahmen angewiesen, da ich die Bilder von der Digicam unterwegs nicht auf mein Handy bringe.
Euer Pilgrim Gerhard

6. Tag Sonntag, 11. Mai 2014 Estella nach Torres del Rio

Die Morgendämmerung ist kaum wahrnehmbar. Dunkle, dichte Wolken verdecken den Himmel. Es ist die Frage, welche der drei Wetterprognosen aus dem Internet zutreffen: Regen, Regen bis höchstens 8 Uhr oder nur dichte Bewölkung. Ich entschließe mich für letztere und darf Recht behalten. Um 6.45 Uhr werfe ich den Schlüssel in den Briefkasten, denn vor 7.30 Uhr gibt’s kein Frühstück.

Ich treffe gleich auf dem Weg einen Italiener, mit dem ich bis zur 1. Pause wandere, die nicht lange auf sich warten lässt: die Fuente de Vino, der Weinquelle bei einem Weingut. Jeder Pilger kann dort typischen Landwein trinken. Leider war die Quelle gerade fast ausgetrocknet. Da haben wohl vor uns einige intensiv verkostet. Das Weingut ist gleichnamig mit dem angrenzenden ehemalig Kloster Monesterio de Irache.
Jetzt geht es durch Wäldchen, an Feldern vorbei, hügelauf und hügelab. Dann steigt der Weg hinauf nach Monjardin, einem kleinen verschlafenen Nest unter einer Burgruine aus dem 10. Jhdt. Viele Pilger nutzen diesen Ort für ein Frühstück und so herrscht in der Bar ein ständiges Kommen und Gehen.
Nach dem Abstieg führt der Weg entlang eines Baches wieder durch Weizenfelder und kleine Weingärten.
imageDurch kurzweilige Gespräche mit netten Leuten abgelenkt, liegt Los Arcos vor mir.
Hier gibt es auch das Casa Austria, eine Pilgerunterkunft, die von Österreichern betreut wird. Ich hole mir einen Stempel zu Erinnerung. In der Kirche dominiert wie überall hier ein vergoldeter Hochaltar.
Los Arcos, am Rio Odron gelegen, wurde durch eine Schlacht im 11. Jhdt. in Spanien bekannt. Skulpturen vor dem Kulturhaus erinnern an die Geschichte des Ortes.

imageWie die meisten Mitwanderer auch beschließe ich weiterzugehen: das Wetter ist angenehm kühl, es ist noch früh am Tag und es sind „nur“ noch 7 km bis Torres del Rio.
Das Gelände ist offen, man sieht das vermeintliche Ziel, geht seitlich fast vorbei und kommt nach… Sansol, auf der Spitze eines Hügels. Das Ziel aber liegt, durch einen tiefen Einschnitte getrennt, auf dem Gegenhang. Also wieder 60 Höhenmeter hinunter und 50 wieder hinauf. Ich entschließe mich gleich für eine Herberge und buche die Übernachtung, Abendessen und Frühstück.

Nach angenehmer Dusche und isotonischem Ausgleich erkunde ich den Ort. Gleich neben der Herberge steht die aus dem 12.Jhdt. stammende Grabkirche Iglesia del Santo Sepulcro, ein achteckiger Bau mit starken maurischen Einflüssen im Inneren.

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Der Bau war ein Substitutionsbau: er sollte jenen Menschen die Grabeskirche in Jerusalem nahebringen, die keine Wallfahrt ins Heilige Land machen konnten.
Nach mehr als 30 km an diesem Tag bin ich zu weiteren Erkundigungen nicht  zu motivieren.

5. Tag Samstag, 10. Mai 2014 Puente la Reina nach Estella/ Lizarra

Es war eine eher unruhige Nacht. In der Früh hatten es einige schon eilig. Ich stehe um 6.00  Uhr auf und brauche unendlich lange, bis ich meine Sachen beisammen habe.
imageDann gebe ich mir noch ein Frühstück mit Kaffee, Orangensaft, Baguette mit Butter und Marmelade. So gestärkt starte ich als einer letzten. (We are pilgrims, not refugees!)
Entlang des Rio Arga schlängelt sich der Weg, um dann steil auf die Hügel abzuzweigen. Jetzt geht’s hügelauf, hügelab durch imageWeinberge, Olivenhaine und Weizenfelder.
In Cirauqui, einem kleinen Ort direkt am Berghang gelegen, mache ich kurze Rast und treffe auf Wanderkameraden der Vortage.
Kurz darauf treffen wir auf eine Brücke, die aus der Römerzeit stammen soll. Auch die Straße wird den Römern zugeschrieben.
Am Rio Salado, dem „salzigen Fluss“, ist die Brücke aus der romanischen Zeit. Die kleinen Orte wie Lorca schauen wie frisch aufgeräumt auf. In Villatuerta hole ich mir in der Kirche einen schönen Stempel und beschließe in Estella/Lizarra die heutige Tagesetappe zu beenden.
Vorbei an alten Kirchen und dem ehemaligen Königspalast aus dem 12. Jhdt. begebe ich mich auf die Suche nach der Jugendherberge. Eine freundliche Angestellte gibt mir rasch ein Zimmer, das ich vorerst für mich habe und gibt meine Wäsche in die Waschmaschine, die ich nach weniger als einer Stunde zum Aufhängen abholen darf. Die Zwischenzeit nutze ich für ein erholsames Schläfchen. Kurz darauf werden eine Schwedin und zwei Kanadierinnen in das Zimmer einquartiert.
image Gut erholt begebe ich mich in die Stadt, die 15.000 Einwohner haben soll, und genieße das Ambiente.
In einem Cafe treffe ich einen Stuttgarter, der am 1. Mai 2013 von Zuhause mit dem Fahrrad aufgebrochen ist, um von Bolivien bis Feuerland Iberoamerika zu durchradeln. Jetzt fährt er von Madrid auf Umwegen nach Hause, nach Stuttgart.
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Ich schaue mir noch zwei alte Kirchen an (Iglesia de San Miguel und San Pedro de la Rúo) und treffe ein deutsches Geschwisterpaar beim Abendessen, bei dem der obligate Rotwein nicht fehlen darf. In der Herberge angekommen, habe ich Zeit, über den Tag nachzudenken.

4. Tag Freitag, 09. Mai 2014 Pamplona nach Puente de Reine

Der erste Blick aus dem Fenster sagt mir: heute wird es wieder schön. Es ist zwar noch vor 6 Uhr, aber es dämmert bereits. Wir sind hier 1 Grad 38 Minuten westlich von Greenwich. Ich gehe nochmals auf die Plaza del Castillo.Dort habe einen ausgezeichneten WLAN – Empfang, den ich im Quartier vermisste.
Ich will ja meine Blog-Beiträge los werden.
In der nächsten Gasse verläuft der Camino und ich folge den Jakobsmuscheln aus Messing im Boden, die mir die Richtung angeben. Durch das Universitätsviertel geht’s in Richtung Südwesten und aus der Ferne ist die Hügelkette mit vielen Windrädern sichtbar, die mich den ganzen Tag begleiten wird.
Als erstes passiere ich Figur Menor, das auf einem kleinen Hügel über dem Fluss liegt. Wie in jedem Ort gibt es auch hier eine Halle für Jay Alai, den baskischen Nationalsport. Die riesigen, nur mit Boden- und Wandmarkierungen versehenen Hallen wirken von außen wie Lagerhallen.
Nun steigt der Weg leicht, aber ständig an. Er führt durch weite Weizenfelder, die weit auf den Hang hinaufreichen.
imageIn Zariquiegui trinke ich meinen Morgenkaffee bevor ich den Weg auf den Alto del Perdón mit 753 m in Angriffe nehme. Durch Ginster und wilden Thymian zieht der Steig nach oben, von wo das Geräusch der Windräder immer stärker wird. Diese stehen an der Geländekante, um die Energie optimal auszunutzen. Den Wind spüren auch wir Wanderer. Er verbläst uns fast beim Fotoshooting mit den eisernen Pilgern. Beim Abstieg geht’s wieder steil, schottrig und unangenehm nach unten. Mit den Stöcken fühle ich mich sicher. Ich habe mich entschlossen, einen Abstecher zu Kirche Santa Maria de Eunate zu machen. Die Ursprünge dieser achteckigen Kirche liegen bis heute im Dunkeln. Wahrscheinlich haben  Tempelritter sie nach dem Vorbild des Felsendoms in Jerusalem errichtet.
Nach einem schönen Zusammentreffen mit einer deutschen Radpilgergruppe mache ich mich auf den Weg nach Obanos und Puente de la Reina.
imageDie Königinnenbrücke liegt im Abendlicht, die Stimmung ist sehr friedlich und ruhig. Ich treffe Mitwanderer bei einem kühlem Bier und stärke mich mit dem Pilgermenü. Ich bin um 21.30 Uhr schon so müde, dass ich liegen gehe. Ich unterhalte mich mit einem Japaner, der seit 38 Jahren in Spanien für japanische Firmen arbeitet.