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12. Tag Samstag, 16. September 2017 Lascabanes nach Lauzerte

Nach dem gestrigen Regen am Abend liegt das Land in mystischen Nebelschleiern verhüllt. Es hat doch abgekühlt, aber sobald sich die Sonne durchgesetzt hat, wird es rasch wärmer.

Die morgendliche Bergwertung lässt nicht lange auf sich warten.

Wieder steht ein schönes Steinhaus mitten im Wald.

Es herbstelt doch deutlich. In den feinen Spinnweben im Wacholder verfängt sich der Nebel.

Mitten im Wald steht eine Kapelle aus der Romanik.

Viel Quellen am Wegrand führen zur Zeit kein Wasser. Zu lange war es heuer trocken.

Auch aus dieser Höhle dürfte nach Regenfällen Wasser fließen. Ein Stück weit kann man ohne Probleme hineingehen. Drinnen wird sie zum Labyrinth.

Der Ort Montcuq wird vom 30 m hohen Tour de Montcuq aus dem 12. Jhdt. überragt.

Der Ort ist in Frankreich auch berühmt, weil hier eine Fernsehserie spielt.

Von Ferne leuchtet das Städtchen Lauzerte herüber. Am Nachmittag regnet es immer wieder kurzfristig. Das gibt einen recht rutschigen Boden.

Nach 25 km geht noch einmal den Berg hinauf.

Die weißen Häuser aus Kalkstein dominieren.

Am Hauptplatz liegen nette Lokale unter Laubengängen.

Eigentlich sollte ein Fest stattfinden, viel tut sich aber nicht.

Die Herberge ist einfach und sauber, das Essen gut, die Leute nett – was will man mehr!

Mit dem heutigen Tag bin ich schon über 240 km unterwegs.

Tagesstrecke: 25,7 km

11. Tag Freitag, 15. September 2017 Cahors nach Lascabanes

Über die Pont Valentré verlasse ich bei 6° C die Stadt. Außer einigen frühen Schülern ist noch niemand unterwegs. Die Brücke mit den Türmen war eine wichtige Verteidigungsanlage der Stadt. Gleich geht’s auf die erste Bergwertung, die auch einen schönen Ausblick bietet. Oben angekommen, erwartet mich eine Hochfläche. Wer oben ist, muss wieder runter. Hier sind die Stöcke gefragt. Ich treffe einen Schweizer, der seit mehreren Wochen unterwegs ist und meist in der Hängematte schläft. Er ist erst unterwegs auf das Pilgern gekommen. Der kleine Ort Labastide wirkt wie ausgestorben. Im einzigen Café, Restaurant, Laden, Postamt, Versammlungsraum und Schulmuseum kehre ich ein. Gut gestärkt durch Tee und Sandwich und mit guter Laune wandere ich weiter. Heute gibt es meistens nur Schotterwege oder Waldpfade. Oft werden ehemalige Ackerflächen zu Trüffelkulturen. Die Wurzeln der Eichen werden mit dem Pilzmycel infiziert, ehe man sie aussetzt. Bei Lascabanes komme ich bei einem netten Anwesen „Les Borderies“ vorbei. Lascabanes ist auch das Ziel des heutigen Tages. Nur ganz wenige Einheimische sind zu sehen. Die meisten Menschen sind Pilger, die eine Herberge für die Nacht suchen. Meine Herberge ist im ehemaligen Pfarrhof, der direkt an die Kirche angebaut ist, untergebracht. Nach dem Tod des letzten Pfarrers hat die Regionalregierung den Hof übernommen und eine Gitê eingerichtet. Alle Herbergen sind für diese Nacht ausgebucht. Gut, dass ich reserviert habe.

Tagesstrecke: 24,5 km

10. Tag Donnerstag, 14. September 2017 Mas de Vers nach Cahors

Ich trödle beim Frühstück und komme später aus dem Haus als erwartet. Dicke Wolken hängen am Himmel. Es ist unerwartet warm.

Eine Herde Schafe grast sich den Hang abwärts.

Es dauert leider nicht sehr lange, bis der Regen einsetzt und mich bis Cahors begleitet.

Unterwegs holt mich ein junger Schweizer ein, der auf dem Weg nach Santiago und Fisterra ist. Gleich darauf gabeln wir einen Polen auf, der in Tampere, Finnland, vor vier Monaten gestartet ist und auch nach Santiago gehen will, vielleicht sogar bis Lissabon. Im Tratschen übersehen wir eine Abzweigung aber mit GPS finde ich einen Weg, der sicher nicht länger ist.

Irgendwann an einer Steigung sind die beiden für mich aber zu schnell und ich bleibe gerne hinten.

ULTREIA!

Der erste Blick auf Cahors. Leider ist die Stadt noch sehr regenverhangen. Auch die Pont Valentré über den Lot sieht man kaum.

Ich bin gut durchnässt, als ich bei der geschlossenen Herberge ankomme. Gut, dass ich mich in der Garage umziehen und trocknen kann, bevor ich in die Stadt gehe.

Auf der Lot-Brücke habe ich eine gute Übersicht.

Es sind kaum Menschen auf der Straße. Die sitzen wahrscheinlich beim Mittagessen.

Als erstes komme ich bei der Cathédrale Saint-Étienne vorbei.

Im Inneren des Westturms sind alte Fresken zu bewundern.

Die Mauren haben bis hierher Einfluss auf den Baustil gehabt.

Die Glasfenster im Chor strahlen eine große Ruhe aus.

Beim Spaziergang durch die Altstadt komme ich zum Haus des Papstes Johannes XXII., der von Avignon aus regierte.

Viele Häuser in der Altstadt wurden schon stilvoll renoviert oder stehen zur Renovierung an.

Ich gehe zur Pont Valentré, die im 14. Jhdt. errichtet wurde. Über sie werde ich morgen, wie tausende Pilger vor mir, den Weg fortsetzen.

Tagesstrecke: 19,7 km

9.Tag Mittwoch, 13. September 2017 Mas de Palat nach Mas de Vers

Das Wichtigste für einen Pilger in der Früh ist der Blick aus dem Fenster und der Wetterbericht. Heute ist es um sieben Uhr noch richtig finster. Eine dicke Wolkendecke liegt über dem Land, sogar das GPS braucht lange, um anzuspringen. Im Laufe des Vormittags nieselt es ganz wenig, erst zu Mittag kommt dann die vorhergesagte Sonne. Alles in allem ein perfektes Pilgerwetter. Der Herbergsvater verabschiedet mich als seinen einzigen Gast. Für heute erwartet er zehn Gäste. Nach einem kurzen Abstecher in die Pampa finde ich auf den rechten Pfad zurück. Das „Zentrum“ von Mas de Palat lasse ich bald hinter mir. Heute stehen mir wahre Pilgerhighways zur Verfügung. Die ehemalige Hauptverbindungsstraße ist nach dem Neubau der Autostraßen zum Forst- und zum Pilgerweg GR 65 mutiert. Der erste Ort ist Limone-en-Quercy. Hier gibt es wirklich noch Bäcker, Fleischer, Apotheke und Restaurants. In den Eichenwäldern wird nach den schwarzen Trüffeln gesucht. Es werden sogar Kurse dafür angeboten. Aus ehemaligen Wiesen und Feldern sind Trüffelwälder geworden. Mitten im Wald werde ich auf einen Dolmen aufmerksam gemacht. Die Deckplatte ist mehr als 3 m lang, 1.3 m breit und mehr als 50 cm hoch. In Varaiere verlasse ich den offiziellen GR 65 und entdecke den ehemaligen Waschteich des Dorfes. Das Dörfchen ist fast ausgestorben. Im Café störe ich die Köchin mit meiner Teebestellung bei ihrer Arbeit. Wenn es nicht noch eine Stunde gedauert hätte, hätte ich mir den Kaninchenbraten einverleibt. Wieder eine kleine Villa ohne Nachbarn. Bei Sonnenschein zieht es mich an mein Ziel, das nur ein einzelner Hof ist.

Ich komme recht früh an und genieße den schönen Nachmittag mit anderen Pilgern im Garten bei einem guten Bier. Das Abendessen, das uns kredenzt wird, kann sich sehen (essen) lassen.

Tagesstrecke: 27,75 km

8. Tag Dienstag, 12. September 2017 Gréalou nach Mas de Palat

Heute beim Frühstück waren von den dreizehn Pilgern zehn, die ich schon in einer früheren Herberge getroffen habe. Die Nacht war sehr ruhig. In der Früh hatte es klamme elf Grad. Zum Wandern eigentlich ideal. Bald lacht auch die Sonne heraus, sie geht hier erst um halb acht auf. Auf der Karstfläche wird jedes brauchbare Stück Boden genutzt, um Ackerbau zu betreiben. Oft ist auch das nicht möglich. In den letzten Jahren kommt der Safrananbau in Schwung. Mit einer eigenen Lizenz dürfen Einheimischen eine gewisse Menge ernten. Mitten in dieser kargen Landschaft haben vor Jahrtausenden Menschen diese Dolmen errichtet. Durch einen gut eingezäunten Eichenwald geht es abwärts. Dann weiß ich auch, wofür die Einzäunung gut ist. Die Schweine werden hier in einer großen Freiluftanlage gehalten. Diese träumen noch tief, obwohl die Sonne auf ihren Unterschlupf scheint. Die Minka mit den blauen Augen….(für Petra, Uli und Harald) Ich sehe seit langem wieder grünen Buchsbaum, aber auch er ist schon von der Miniermotte leicht befallen. Der Ziegenbock kommt quer über die Weide, um mich zu begrüßen. Die Wege sind heute sehr gut begehbar. Mitten in der Gegend komme ich zu einer aufgelassenen Siedlung, von der nur Mauerreste übrig sind.

Vor mir taucht Cajarc, in einer Schlinge am Lot gelegen, auf.

Kirche und Schloss bilden den Kern des Zentrums, um die eine ringförmige Straße führt.

Im Ort versorgen ich mich Brot, Pastete und Käse und mache am Ufer des Lot ein Picknick.

Vorerst geht es an den Klippen des Lot entlang bis zur Ortschaft Gaillac.

Dann geht es von 180 m auf etwa 340 m in einem Zug bergauf.

Kurz vor Saint-Jean-de-Laur komme ich zu einer Wasserstelle, wo die Wanderer von einem netten Windspiel empfangen werden.

Die Häuser wirken wie kleine Burgen, und auch die Taubenkobel erscheinen wehrhaft.

In Mas de Dalat endet meine heutige Wanderung. „Mas“ bedeutet „Weiler am Fuße Berges“ , das Gegenstück ist „Pech“, ein Weiler hoch am Berg.

Tagesstrecke: 28 km

7. Tag Montag, 11. September 2017 Figeac nach Gréalou

Auf Météoblu, den französischen Wetterdienst, ist Verlass: Um halb sechs regnet es heftig, ab sieben Uhr ist es trocken. Sogar die Sonne haben wir länger gesehen. Ich fühle mich schon beim Aufstehen besser und verlasse pünktlich um acht Uhr das Haus. Auch aus anderen Häusern kommen die Wanderer, manche kennen sich vom Vortag, manche wirken verunsichert, wo denn der Weg weiterführt. Ich treffe wieder auf die vier netten Australier aus Sydney und Cairns. Da habe ich auch wen zum Tratschen. Dem großen Sohn der Stadt, Champollion, wurde standesgemäß ein Obelisk geweiht. Die erste Bergwertung folgt bald, ist aber nicht so schlimm wie vorerst befürchtet, weil sie eher kurz ist. Oben erwartet mich eine schöne Aussicht auf Béduer mit seinem großen Schloss. Welcher Baum das ist, habe noch nicht herausgefunden. Die Blätter sehen aus wie eine Eberesche oder ein Mehlbaum; die Früchte sind ähnlich, aber viel, viel größer.

Nachtrag: Speierling (Sorbus domestica L.) – regional auch Spierling, Sperberbaum, Sperbelbaum, Sporapfel, Spierapfel, Spreigel genannt – ist ein Wildobstbaum aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Als Wildgehölz ist der Speierling eine der seltensten Baumarten in Deutschland und wurde hier wegen seines rückläufigen Bestandes 1993 zum Baum des Jahres gewählt. (Quelle: Wikipedia.org)

Wir kommen immer wieder an netten Häusern vorbei, das hier ist sogar bewohnt. Der Pilgerweg nach Feycelles ist ein besonderer. Das Gemeindezentrum wirkt recht einladend. Am Dorfrand steht ein alter Turm, von dem aus wir eine gute Aussicht haben. Wer kann diesem Feigenbaum schon widerstehen? Von den Klippen am Dorfrand wird schon lange Kalkstein abgebaut. In dieser Gegend sind auch urzeitliche Höhlenmalereien gefunden worden. Die Aussicht auf die Hügellandschaft ist bei diesem Wetter bezaubernd. Das Schloss Béduer besteht seit dem 11.Jhdt. und hat eine wechselvolle Geschichte. Es ist in Privatbesitz und offensichtlich bewohnt. Im Ort finde ich leider kein Café oder Restaurant. So muss ich ohne Pause weitergehen. Um das Schloss finden sich durchwegs schön restaurierte Häuser. Die Herbstzeitlosen dürfen nicht mit dem hier kultivieren Safran verwechselt werden. Der Effekt könnte tödlich sein.

Am Weg steht wieder eine schöne Gariotte oder Ceselle, wie diese alten Steinbauten ohne Mörtel hier heißen.

Die kann man auch von innen besichtigen. Die Gegend wird zunehmend karstig, das Typische für die Causses, wie diese Landschaft heißt. Der Wacholder wird auch bald reif. Kurz nach unserem Eintreffen in der „Ecoasis“ regnet es kurz und kräftig. Tagesstrecke: 20,3 km

6. Tag Sonntag, 10. September 2017 Figeac

Heute habe ich einen eher unfreiwilligen Ruhetag eingelegt. Ein akuter Schnupfen und eine Halsentzündung haben die Vernunft bestärkt und mich in Figeac bleiben lassen. In der Herberge war das kein Problem, und ich habe den Tag schön langsam angehen lassen. Gegen Mittag bin ich dann auf einen Stadtbummel und ein Mittagessen in die Altstadt gegangen. Das Zentrum besteht aus vielen alten Gebäuden, engen Gässchen und kleinen und größeren Plätzen. Jean-François Champollion, der den Stein von Rosette und damit Schriften des Altertums entschlüsselte, stammt von hier. Ihm zu Ehren wurde das Musée Champollion errichtet, ein modernes, dezentes Gebäude hinter einer alten Fassade. Am Place de Écritures kann man den Stein von Rossette buchstäblich ergehen. Ein amerikanischer Künstler hat ihn übergroß nachgebildet. In der großen Markthalle kann man sich aus den umliegenden Lokalen bewirten lassen. Im ehemaligen Stadthaus, dem Hôtel de la Monnaie, ist heute das Tourismusbüro. Die Église Saint-Sauveur war Teil der ehemaligen Benediktinerabtei. Schließlich schlendere ich noch entlang der Célé. In einer Bäckerei entdecke ich ein riesenhaftes Brot. Je näher man der Oberstadt kommt, desto enger werden die Gässchen. Von der Église Notre-Dame-du-Puy habe ich eine schöne Aussicht auf die Stadt. Das Innere der Kirche beeindruckt durch seine Nussbaumschnitzereien und dem Altar  der Himmelfahrt Mariä. Auch der Pilgerpatron Jakobus darf nicht fehlen. Schließlich ist es Zeit, dass ich mir ein Mittagessen gönne. Da habe ich freie Menüwahl, da ich die meisten Speisenbezeichnungen nicht kenne und mich auf mein Gefühl und die Nachbartische verlasse. So beginne ich mit einem gemischten Salat mit gerösteten Getreidekörnern und pikantem Dressing. Danach folgt geschmortes Fleisch vom Stier (nicht von dem aus dem gestrigen Bericht!) mit Gemüse, Kartoffeln und einem Käsepüree. Vor dem Dessert, einem Karamelleis, bekomme ich noch köstlichen Ziegenkäse aus der Region. Ein Gläschen Rotwein rundet das Festmahl ab. Auf dem Rückweg zur Herberge sind die Straßen so leer, wie sie nach Mitternacht nicht sein könnten. So hoffe ich, dass der Ruhetag seine erwartete Wirkung nicht verfehlt und ich morgen meinen Weg in Richtung Süden fortsetzen kann.

5. Tag Samstag, 9. September 2017 Livinhac-le-Haut nach Figeac

Die Wettervorhersage hat es wieder geschafft: Pünktlich um halb sechs beginnt es wie aus Kübeln zu regnen. Eine Front zieht über Südfrankreich. Da dieser Zustand bis zum frühen Vormittag anhalten soll, lasse ich mir Zeit. Kurz vor halb neun verlasse ich in voller Regenmontur bei leichtem Regen die Herberge. Nach 300 m kann ich das Regencape weggeben, weil es nicht einmal mehr nieselt. Es bleibt tagsüber lange Zeit trocken, es kommt sogar die Sonne zwischen den Wolken hervor. Erst in der letzten halben Stunde gibt es zwischendurch Nieseln. Gemessen an der Vorhersage ein guter Tag. Heute geht es quer durch die Natur. Kein einziger größerer Ort liegt am Weg. Diese Mauern haben sicher viel zu erzählen. Aber vielleicht braucht noch jemand die alten Bruchsteine, um ein anderes Haus zu restaurieren. Dieser Bulle gibt sicher gute Steaks, so wie der im Futter steht. Die Quitten sind garantiert „bio“. Spritzmittel haben sie sicher nicht gesehen. Ein Mispelbaum ist voll mit Früchten, auch wenn sie vergleichsweise klein sind. Eine Gallwespe hat sich eine wilde Rose als Quartier ausgesucht. Die Wege sind trotz des Regens in der Früh recht gut zu gehen. Es sind zwar viele Pilger unterwegs, aber man kann gut allein gehen oder sich jemandem anschließen. Die netten Australier sind immer wieder in meiner Umgebung. Sonst sind nur Franzosen unterwegs, was die Kommunikation etwas erschwert. Eine bedrohliche Wolke ohne Auswirkung auf uns. Die Schwalben sammeln sich. Für unsere Verhältnisse spät, aber die hier haben es ja nicht so weit bis Afrika. In Saint-Félix kommen wir zur L’église romane Sainte-Radegonde mit einem Tympanon aus dem 11. Jahrhundert. Adam und Eva könnten auch von einem modernen Künstler dargestellt sein. Im Mai 1944 wütete hier eine SS-Gruppe fürchterlich, nachdem sie Spuren der Résistance entdeckt hatten. Mehrere Männer wurden sofort erschossen, auf eine Frau mit Kindern wurde mit einer 120 mm Haubitze geschossen, andere Männer wurden verhaftet und später hingerichtet.
Ich wandere mit einer etwa gleichaltrigen Französin, die obwohl fast einen Kopf kleiner, ein auch für mich unheimliches Tempo geht oder besser läuft. Plötzlich sehen wir keine Markierung mehr, obwohl wir genau aufpassen. Da ist das GPS-System von Vorteil. Wir können den Weg weitergehen und kommen gut nach Figeac. Bald finden wir ältere Wegmarkierungen. Der Weg ist also nur verlegt worden. Unserer war kürzer. Außerdem hätten wir nicht das tolle Steinhäusern entdeckt. In Figeac finde ich, dank unserer Streckenalternative, schnell meine Herberge. Über die Stadt berichte ich dann morgen. Tagesstrecke: 22,9 km

4. Tag Freitag, 8. September 2017 Conques nach Livinhac-le-Haut

Conques ist eigentlich ein kleines Dorf mit etwa 250 Einwohnern. Es gibt kein (!) Lebensmittelgeschäft, eine Bäckerei und einige Restaurants für die Touristen und Pilger. Außerhalb des Tourismus dort zu leben ist sicher nicht einfach – vor allen für Ältere. Wenn die Touristen weg sind, ist es sehr ruhig. Die Nacht war auch im Schlafsaal erträglich und beim Frühstück treffe ich Christoph, einen pensionierten Polizisten aus Südfrankreich wieder. Er ist ein schneller Geher, zu schnell für mich. Beim Mittagessen sitzen wir wieder zusammen. Gleich nach dem Start geht es über die alte romanische Brücke über den Bach. Danach kommt, so wie es sein muss, die erste Bergwertung des Tages: steil und lang. Dafür werde ich mit dem schönsten Ausblick auf Conques belohnt. Auf dem Hochplateau lässt es sich herrlich wandern. Es geht leicht auf und ab und der bedeckte Himmel ist zwar nicht so gut zum Fotografieren, aber umso angenehmer zum Gehen. Ein Kunstprojekt? Mitten in einem großen Feld. Die Kastanienbäume sind derzeit voll mit ihren stacheligen Früchten. Im kleinen Dorf Noalhac mache ich kurze Pause. Hier gibt es sogar ein Café und einen kleinen Laden. Im extra stehenden Backofen ist ordentlich eingeheizt. Die nächste Partie Brot wartet. Ich bekomme von einer Pilgerin eine Kostprobe köstlichen Mischbrotes mit Sesam und Mohn, das sie dort zuvor erstanden hat. Auf fast 620 m steht die Rochuskapelle. Rochus ist als Pestheiliger und Pilger viel verbreiteter als Jakobus. Trotz der Wolkendecke habe ich einen weiten Blick in die Landschaft. Die Wege sind hauptsächlich ohne Asphalt, meistens als ein schöner Schotterstreifen, abgesetzt von der Straße angelegt. Die seltenen Fahrzeuge sind eher eine Abwechslung als eine Störung. Ein erster Blick auf Livinhac-le-Haut. Wieder eines der schön renovierten Bauernhäuser, die heute reine Wohnhäuser sind. In Decazeville gönne ich mir eine halbe Pizza. Ein Viertel hätte es auch getan. Die Stadt hatte ihre Blüte durch Kohlebergwerke und Stahlwerke. Nach dem Schließen der letzten Kohlengrube 2001 brachen harte Zeiten für die 6000 Einwohner zählende Stadt an. Nach dem Mittagessen steht die nächste Bergwertung an. Über einen Hügel geht es wieder in das Tal des Lot.

Der kleine Ort Livinhac-le-Haut, in einer Schleife des Lot gelegen, ist das heutige Etappenziel.

Tagesstrecke: 24,7 km

3. Tag Donnerstag, 7. September 2017 Sénergues nach Conques

Nach dem gestrigen Abendessen bin ich froh, dass ich den Wecker eingeschaltet habe. So werde ich rechtzeitig geweckt, um zum Frühstück zu kommen. Die Stimmung am Morgen ist traumhaft. Ich gehe mit Michel und Jean Pierre, zwei Franzosen, die mich ein Stück des Weges begleiten. Michel spricht außerdem Englisch und war beruflich schon mehrfach in der Steiermark. Die Wege sind vorerst gut zu gehen. Es ist angenehm kühl und trocken. Erst kurz vor dem Ziel wird es ein bisschen „abschüssig“. Wir haben es Gott sei Dank trocken. Dann stehe ich vor Conques.

Viele Tausend Pilger haben hier auf ihrem Weg nach Santiago Rast gemacht.

Die romanische Klosterkirche Sainte-Foy wurde zu Beginn des 12. Jahrhunderts fertiggestellt. Besonders bekannt ist das Tympanon, das vor 1130 fertiggestellt wurde. Es stellt das Jüngste Gericht dar und sollte die Menschen wohl zu größerer Spendenfreudigkeit animieren.

Das Innere ist sehr schlicht gehalten. Durch die Französische Revolution wurde der Bau stark in Mitleidenschaft gezogen und sollte im 19. Jhdt. sogar geschliffen werden.

In der Apsis schwebt die Reliquie der Sainte-Foy, eine junge Märtyrin, die 303 enthauptet und am Rost verbrannt wurde.

Die Reliquienbüste ist in der Schatzkammer zu bewundern. Auch die übrigen Kunstwerke aus dem 11. – 13. Jhdt. sind sehenswert.

Ich wohne gleich hinter der Kirche in einer großen Herberge.

Für die späten Gäste gibt es Alternativen.

Ich mache noch einen Abstecher zur Pilgerbrücke über den Dourdou.

Tagesstrecke: 9,3 km