Archiv des Autors: Gerhard Pierer

3. Tag Donnerstag, 08. Mai 2014 Larrosoaña nach Pamplona

Um 6.00 Uhr fangen alle mit dem Zusammenpacken an. Ich bin auch schon länger wach und schließe mich an. Um 6.45 gehe ich wieder mit D. weiter. Er hat an beiden Fersen keine Haut mehr. Wie er das schafft, ist mir ein Rätsel. Ich fühle ich total fit. D. geht ein flottes Tempo, das mir passt, und bei der nächsten Gelegenheit trinken wir unseren Frühstückskaffee. Wir kommen gut weiter, gehen an den Hängen des Tals des Rio Arga entlang, der uns nach IMAG1269Pamplona begleitet. Bald sehen wir von weitem die Vororte von Pamplona. In Arte überqueren wir über eine alte Brücke den Rio Ultzama. Die Kirche und Herberge sind gerade nicht offen, wir hätten uns gerne einen Stempel geholt. Ab jetzt geht es durch Geschäftsstraßen und Villenviertel von Pamplonas Vorstädten Villava und Burlada.
Vor uns erhebt sich die Festungsstadt Pamplona. Über die Puente de Magdalena kommen wir zu den Festungsmauern und gelangen durch ein von einer Zugbrücke gesichertes Tor, der Porte Franccia, in die Stadt. Ein Tor wird vom Habsburger Wappen geschmückt. Es ist gerade erst 10.30, als wir die Stadt erreichen.
In der Stadt trenne ich mich von meinen beiden Wegbegleitern und begebe mich auf Quartiersuche. Ein deutsches Paar erkennt mich und gibt mir einen Tipp für eine Privatpension: klein, genügend sauber und im Zentrum. So war es auch. IMAG1274Ohne Rucksack geht sich’s irgendwie anders. Ich stärke mich mit Spargel und Calamari vom Grill und gehe dann auf Stadtbummel. Ich habe ja genug Zeit. Ich fange gleich mit dem Lebensmittelmarkt (Fisch, Fleisch, Gemüse) an. In der Catedral de Santa Maria besichtige ich auch den riesigen Kreuzgang und eine angeschlossene Ausstellung über die Entwicklung des Abendlandes und die Geschichte der Region.
Da zieht es mich zu Plaza de Toros. Ich bin kein Freund des Stierkampfes. In die Arena kann man nicht hinein. Ich schlendere durch blitzsaubere Straßen und Gassen. Kein Abfall, keine Zigarettenkippen, auch nicht an den Haltestellen, keine Schokopapierl.
Auf der Plaza del Castillo setzte ich mich ins Cafe  Iruña, das Stammcafe von Ernest Hemingway. Ich schreibe die ersten Karten (!) und versuche meine Entwürfe in den Blog zu senden.
Leider klappt das Hochladen der Bilder nicht.
Nach einer kurzen Zimmerpause gehe ich nochmals in die Stadt. Dort sind Tausende von Leuten, Junge und Alte, die den Tag bei einem Bier ausklingen lassen. Das Meiste spielt sich auf der Straße ab. Ich lasse diese Eindrücke auf mich wirken, bis ich mich nach Hause begebe. Morgen will ich ja weiter.

2. Tag Mittwoch, 07. Mai 2014 Roncesvalles nach Larrosoaña

Um 6.00 Uhr gibt’s den Wecker! Nein, nicht mit der Klingel oder einem Lautsprecher – drei Hospitaleros, wie die freiwilligen Helfer in den Unterkünften genannt werden, gehen  mit Gitarren durch den Saal und singen in angenehmer Lautstärke „Morning has broken“ und wünschen vielsprachig einen guten Tag. Die meisten Wanderer nehmen das freudig überrascht auf. Ohne viel Stress packe ich zusammen und mache mich auf den Weg. Dichter Morgennebel hängt etwas über unserem Standort.
Ich wundere mich, wie fit ich bin und dass ich so wenig vom Vortag spüre. Bis ins nächste Dorf wandere ich allein und suche dort nach einem Frühstück: Es wird ein Cafe mit einem Croissant. Ich setze mich zu D. aus Hamburg an den Tisch und wir gehen dann gemeinsam weiter. Er hat mein Tempo und wir ratschen viel. Es geht immer wieder auf und ab, durch gut gepflegte Dörfer, an Bauernhöfen mit Rindern, Pferden und Schafen vorbei und durch Laub- und Mischwälder. Die Nebel lichten sich und es ist angenehm warm. Es geht wieder auf 801 m hinauf zum Alto de Erro. Der Abstieg nach Zubiri ist recht schottrig, bei Regen ist er sicher sehr unangenehm. Wir essen ein Kartoffelomlett mit köstlicher Fülle und gleichen unseren Salzhaushalt mit einem kleinen Bier aus.  Wir wandern bis Larrasoaña weiter und kommen über eine mittelalterliche Brücke in den Ort wie aus dem Bilderbuch. Viele der gutgepflegten Häuser tragen Jahreszahlen um 1700. Die kleine Herberge ist bald voll, im nahen Gasthof gibt es für das Pilgermenü je drei bis vier Speisen zu Auswahl. Ich wähle mir Pasta, Rindsgulasch und Eis.
Die Nacht ist angenehm ruhig. Es gibt keine Schnarcher – ich höre mich ja nicht.

1. Tag Dienstag, 06. Mai 2014 St. Jean Pied-de-Port nach Roncesvalles

D10329252_506479186124778_4575419407626296007_ner Rucksack wird noch frisch gepackt und es geht um 7.00 zum Frühstück mit reichlich Kaffee und getoasteten Baguettes mit Butter und Marmelade.
Pünktlich um 7 Uhr verlasse ich das Haus und folge der Rue de Citatelle nach Süden.

wpid-imag1258.jpgGleich nach der Stadtmauer beginnt die Markierung des Wegs, der von 170 m vorerst auf 800 m zur Herberge Orisson hinauf führt. Vor und hinter mir vereinzelte Pilgerinnen und Pilger, die mit unterschiedlicher Geschwindigkeit wandern. Mit Hilfe der Wanderstöcke lassen sich auch die steilen Passagen gut bewältigen. Unterwegs stoße ich auf Volker, den ich schon am Vorabend beim Essen getroffen habe und wandere ein Stück mit ihm. Der Himmel ist verdeckt, aber es ist nicht kühl. Kurz vor der Herberge Orisson treffen uns die ersten Windböen. Dann wird das Gelände offen wie auf der Stubalm. Hier grasen zwar keine Lippizaner, aber trotzdem eine Menge Pferde.  Der Wind mit bis zu 60 km/h setzt allen Wanderern zu. An Rast ist nicht zu denken, aber wenigstens regnet es nicht. Bei der Rolandquelle ist es windgeschützt – eine kurze Erholung. Wir müssen noch über den Col Lepoeder mit 1437 m. Normalerweise ist das bei den Wegverhältnissen kein Problem. Über uns kreisen schon imposante Geier. Ob sie auf ein Pilgermenü aus sind?
10334422_506479599458070_4934326105029717519_nDer Abstieg ist recht steil und schwierig. Den längeren leichten Umweg wollen nur wenige nehmen.

Gegen 14.30 Uhr komme ich beim Kloster von Roncesvalles an. Der erste Weg führt zur Rezeption, um den begehrten Stempel für den Pilgerpass und einen Schlafplatz zu erhalten. Ich hab Nr. 165, angeblich sollen es 500 werden. Nach einer warmen Dusche und einem kleinen Bier warte ich mit einigen Mitwanderern auf das Pilgermenü: Suppe, Ente oder Forelle, Karamellschnitte.
Danach geht’s in die Kirche zur Pilgermesse.
Schon vor der angesagten Nachtruhe um 22 Uhr ist es auffallend still. Zu müde sind all die Leute, die an diesem Tag die erste Herausforderung des Camino geschafft haben.

Tag 0 Montag, 05. Mai 2014 (Von Bordeaux nach Saint-Jean-Pied-de-Port)

Heute beginnt der Tag 0 meines Abenteuers, die letzte Etappe der Anreise. Nach einem wunderbaren Tag in Bordeaux werde ich mit der Bahn über Bayonne nach Saint-Jean-Pied-de-Port reisen.
Nach dem Frühstück gehe ich über den Bahnhofsplatz und treffe auf die ersten Pilger, die mit dem Rad die gleiche Strecke bewältigen wollen. Sie sind aus Bordeaux, einer ist schon zum 7. Mal unterwegs.
Mein Zug ist schon bereitgestellt und pünktlich geht es mit der SNFC los. Nach den Vororten von Bordeaux sehe ich die flache Landschaft mit Feldern und Kiefernforsten. Es gibt viele Flächen, die nach Aufforstung aussehen. Wir fahren auch immer wieder an riesigen Spargelfeldern vorbei. Nach Dax wird die Landschaft hügeliger, bald tauchen die ersten tiefverschneiten Gipfel der Pyrenäen auf und bald sollte ich aussteigen: Nur die Station heißt nicht Bayonne. Ich informiere mich bei der Zugbegleiterin: der hintere Zugteil ist nach Pau, der vordere nach Bayonne. Ich zeige ihr, dass die Laufschrift im Wagen immer noch Bayonne anzeigt. „Our mistake, take thewpid-imag1242.jpg next train from Pau to Bayonne. It’s in one hour.“ Sie ändert mein Ticket, im nächsten Zug treffe ich sie wiederund sie erkundigt sich, ob alles in Ordnung ist.
Im Zug sitze ich mit einer Pensionistin aus Santa Fe, sie reist aber quer durch die Welt, vor allem durch Europa. Sie lebt mal hier mal da, auch für mehrer Monate. Die eine Stunde Fahrtzeit ist rasch um und ich habe noch zwei Stunden für meinen neuen Anschluss. Es ist aber kein Zug, sondern ein Bus, die Bahn wurde vor nicht zu langer Zeit eingestellt, wie die angerosteten Schienen zeigen.
Ich nutze die Zeit für ein Mittagessen und wandere dann über die L’Adour in das alte Zentrum mit vielen hübsch renovierten Häusern, einem riesigen Rathaus, das zeigt, dass man früher nicht arm war, und zur Kathedrale. Das gotische Bauwerk wurde im 19. Jhdt. offensichtlich gründlich „modernisiert“.
Zurück zum Bahnhof, treffe ich immer mehr Pilger, die den gleichen Bus nehmen. Durch eine immer hügeligere Gegend begleiten wir den Fluss und die aufgelassene Bahnstrecke, bis wir nach eineinhalb Stunden St. Jean Pied-de-Port erreichen. Das Städtchen ist entzückend, alle Häuser wie aus dem Märchenbuch, richtig wpid-imag1245.jpgtouristisch.
Ich finde mit Zielsichheit mein Quartier, eine kleine Pension, direkt an der „Hauptstraße“, der Rue de la Citadelle. Gleich mache ich mich auf eine Erkundungstour durch die Gässchen, lasse meinen Pilgerausweis mit dem ersten Stempel versehen und kaufe mir etwas Käse und Wurst für den nächsten Tag. In der alten Kirche hole ich mir den Pilgersegen, den ich sicher in den nächsten Wochen brauchen kann. Dann suche ich mir ein Restaurant: überall Pilger.
St. Jean ist aber auch bei den Franzosen als Erholungort und zum Fischen beliebt. Nach diesem ereignisreichen Tag hoffe ich auf einen guten Schlaf.

Tag 0 ( -1) Sonntag, 04. Mai 2014 Bordeaux

IMAG1211Bei schönstem Wetter wache ich auf. Nach einem ausgiebigen Frühstück breche ich zu einer Stadterkundung auf. Ich beginne mit dem Bahnhof, wo gerade ein TGV einfährt. Bei der Gelegenheit besorge ich mir auch gleich die Bahntickets nach Bayonne und Saint Jean.
Bordeaux zeigt sich von seiner besten Seite. Ich flaniere durch noch fast leere Gassen und komme auf einen Flohmarkt. Später werde ich auf vier verschiedene kommen.
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Am Nachmittag scheint ganz Bordeaux auf den Beinen zu sein. Überall flanieren die Leute herum, sitzen vor den Cafes oder machen Sport. Am Kai liegt die MS Deutschland; das hört man auch in der Stadt. Bei einem Glas Rotwein aud der Esplanade des quinconces lerne ich einen Peruaner und einen Kolumbianer kennen, die in Frankreich im Weinbau tätig sind. Auch für einen jungen Spanier, der hier Arbeit gefunden hat, ist Bordeaux das „gelobte“ Land.
Ich besteige den Tour Pey-Berland, einen freistehenden Glockenturm neben der Catherale St. André. Aus 50 m Höhe habe ich einen beeindruckenden Ausblick auf die Stadt.
Ein Gedenkstein erinnert mich an das Ziel meiner Reise, den Jakobsweg. Auch der erste Gang des Abendessens wird mir symbolträchtig in einer Jakobsmuschel serviert.

Tag 0 ( -2) Samstag, 03. Mai 2014 Fahrt Linz – Paris – Bordeaux

IMAG1193Die zeitweise heftigen Regenfälle haben uns im Bus nicht beeindruckt. Bei der ersten Rast am Burgauer See war’s dann schon trocken. In Straßburg gab es die ersten Umsteiger und ein paar freie Plätze. Ich kam mit einer netten Französin ins Gespräch. Da war die Fahrt kurzweiliger.

Bei schönem Wetter kommen wir mit einiger Verspätung in Paris an. Ich löse die Boarding-Card für den Bus nach Bordeaux und es geht schon weiter. Der Bus Paris – Madrid ist supermodern ausgestattet. Jeder Platz hat seinen eigenen Monitor mit Zugang zu Filmen (nur spanisch) und Musik.

Der Wein aus Cognac schmeckt auch mit verbundenen Augen

Der Wein aus Cognac schmeckt auch mit verbundenen Augen

Unser Weg führt uns durch bekannte Weinbaugebiete.
Um 22.30 Uhr kommen wir in Bordeaux an, ich gehe 10 Minuten zum Hotel (Ibis Budget, fast auf dem Bahnhofsvorplatz) und freue mich auf das Bett. Ich bin ja auch schon seit 40 Stunden auf.

Tag 0 (-3) Freitag, 2. Mai 2014 Graz – Linz – Richtung Paris

AbreiseHeute geht’s mit der Bahn von Graz nach Linz. Dort steige ich in den Bus (Eurolines.at) nach Paris.
Eine freundliche Zugbegleiterin lässt mich das Handy an einer Dienststeckdose aufladen. Ein großes Plus der ÖBB. In Linz hat der Bus eine halbe Stunde Verspätung und dann gibt es in Ansfelden ein Schengen – Innenkontrolle: Alle Ausweise der Nichtösterreicher werden abgesammelt und überprüft. Das dauert, da die überwiegende Mehrheit aus Osteuropa kommt.
Man passt auf uns auf….