Ich bin wirklich am Ende der Welt angekommen. Um 6.20 Uhr fahre ich mit dem einzigen Bus des Tages von Leuca nach Lecce. Eine Alternative wäre mit dem Taxi zum acht Kilometer entfernten Bahnhof Gagliano – Leuca zu fahren und dort mit dem Lokalzug zu reisen. Am Sonntag gibt es nicht einmal diesen Bus. Erst ab Mitte Juni wird die Infrastruktur wieder hochgefahren.
Hotel
Nach nicht ganz zwei Stunden bin ich in Lecce angekommen. In meinem B&B ist niemand erreichbar, so mache ich mich auf, um die Stadt weiter zu erkunden.
Ich besuche das Museo Arte Sacra im Seminario neben dem Dom. Es ist sehr interessant und ich kann meinen Rucksack abstellen. Dies Sammung umfasst vor allem Gemälde und Statuen aus dem Barock.
Hof des Seminario
Dort befindet auch die Capella di San Gregorio, die wegen ihrer aufwändigen Stuckarbeiten oft besucht wird.
Capella di San Gregorio
In der Zwischenzeit bekomme ich die Nachricht, dass mein Zimmer zu beziehen ist. Es ist nicht weit dorthin. Das B&B Dimora Veco dei Nohi liegt in einem kleinen Seitengässchen.
B&B Dimora Veco dei NohiB&B Dimora Veco dei NohiB&B Dimora Veco dei Nohi
Dann schlendere ich durch die Gassen und Straßen, beobachte die Leute, fahre mit der Tourismusbahn durch die Stadt und lasse es mir gutgehen.
RadfahrerGastgarten InnenhofInnenhofCafe Leccese
Am Nachmittag nehme ich mir noch ein Museum vor, das Museum Sigismondo Castromediano. Hier wird die Geschichte der gesamten Region, des Salentos, von der Urgeschichte bis zur griechischen und römischen Epoche einzigartig aufbereitet. Sowohl das Gebäude als auch die Präsentation sind sehr gut. Es ist älteste Museum in Apulien und wurde 1868 von Sigismondo Castromediano, Herzog von Cavallino, gegründet.
Museum Sigismondo CastromedianoMuseum Sigismondo Castromediano
Ich bin angenehm von der schönen Hintergrundmusik überrascht, bis ich bemerke, dass zwei Harfenistinnen live im Zentrum spielen. Sie proben für ein Konzert am Abend.
Museum Sigismondo Castromediano
Am Abend gönne ich mir noch ein feines Abschiedsessen in einem Restaurant.
Steak vom Angusrind versteckt im Salat
Tagesstrecke: 0 km; ↑ 0 m; ↓ 0 m + 8 km Stadtrundgang
Den Meteorologen nach hätte es die ganze Nacht schütten sollen und das Regenwetter den ganzen Tag anhalten. Lassen wir uns überraschen!
Nach einem erweiterten italienischen Frühstück verabschiede ich mich von Maria Grazia und Enzo.
Gerhard und Maria
Da das Haus der beiden im Süden von Tricase steht, habe ich schon einen Vorteil. So komme ich recht bald nach Tiggiano. Der Palazzo Baronale steht im Zentrum des kleinen Ortes.
Palazzo BaronalePalazzo Baronale
Die Wolken fliegen tief. In der Nacht hat es hier mehr geregnet. Das zeigen die „Straßensperren“ immer wieder an.
WegWasserlacken
In Corsano waren die Häklerinnen fleißig, ein kleiner Platz vor einem Kulturzentrum war „zugehäkelt“.
Riesenhäklerei
Die Stadt Gagliano di Capo liegt etwas erhöht auf einem kleinen Hügel.
Gagliano di Capo
Im Zentrum steht die Piazza San Rocco mit der gleichnamigen Kirche.
Piazza San RoccoChiesa San RoccoChiesa San Rocco
Dieser Heilige ist eher selten anzutreffen.
Saint Barber
Eine Wolke versucht, mir ein paar Tropfen zukommen zu lassen. Es bleibt beim Versuch.
Regenwolke
Dann sehe ich vor mir das erste Mal den Leuchtturm von Leuca. Gleichzeitig eröffnet sich mir ein Blick auf die Stadt an den zwei Meeren, und das bei Sonnenschein.
LeuchtturmLeuca
Jetzt bin ich am Ziel: Ich stehe auf der Piazza Giovanni XXIII mit der Basilika Santa Maria De Finibus Terrae. Ja, hier ist auch die Welt zu Ende.
Piazza Giovanni XXIIILeuchtturm und Mariensäule
Die schlichte Kirche geht auf das Urchristentum zurück, wurde der Ort doch schon im Jahre 59 Bischofssitz. 343 wurde eine neue Kirche geweiht. In der Folge erlitten die Kirchen alle möglichen Schicksalsschläge. Die jetzige Fassung stammt aus dem Jahr 1755 und sollte wie ein Privathaus aussehen.
Basilika Santa Maria De Finibus Terrae
Der Chor hat einen Hochaltar aus Marmor, auf dem sich das Gemälde der Madonna de Finibus Terrae befindet.
Basilika Santa Maria De Finibus TerraeBasilika Santa Maria De Finibus Terrae
Bis zu meiner Ankunft ist es trocken geblieben. Während ich auf die Ausstellung der Pilgerurkunde warte, geht ein Regenguss nieder.
Blick auf Leuca.Angekommen!Zwei Pilger
Eine Klosterschwester aus Indien trägt den Namen mit Schreibfeder und Tusche in die Urkunde ein. Nach mehr als 475 km eine schöne Belohnung.
Ich mache mich auf den Weg zur Unterkunft, dem Hotel 2 Mare, keine Luxusherberge, aber schön nahe zur Busstation für morgen.
Hotel 2 MareHotel 2 Mare
Nach einer Pause erkunde ich den Ort, der früher durch eine Vielzahl von Luxusvillen um 1900 geprägt war. Leider sind viele dem Verfall oder der Umbauwut zum Opfer gefallen. Erst in der letzten Zeit erkennt man den architektonischen Wert dieser Gebäude.
VillaVillaVilla
Am Meer üben sich Surfer und Segler.
SurferSeglerPunta Ristola
Tagesstrecke: 17,7 km; ↑ 78 m; ↓ 176 m + 3 km Stadtrundgang
Nach einer ruhigen Nacht, nur ein Zwergkauz rief nach einer Partnerin, stehe ich heute etwas steif auf, packe den Rucksack und begebe mich zum reichlichen Frühstück. Nicht italienisch, sondern „pellegrinisch“.
Dann geht es wieder auf die Straße in Richtung Ortskern von Vignacastrisi. Der macht nicht viel her, da ist es im nächsten Dorf, in Marittima, anders.
Mama und Papa dürfen nicht bis in den Schulhof oder ins Klassenzimmer fahren. Die Straße vor der Schule ist zur Schulzeit gesperrt.
Marittima – Schulstraße
Der Ort rüstet sich für die Marienfeierlichkeiten. Noch sind nicht alle Beleuchtungselemente montiert.
Marittima – Festbeleuchtung der Straße
Der Palazzo Baronale Maglietta, um 1600 errichtet, wird heute als B&B genutzt.
Marittima – Palazzo Baronale Maglietta
Dann führt mich der Weg an vielen Wiesen mit hoher Diversität vorbei.
Weg
Schwalbenschwanz-Schmetterlinge schweben durch die Luft und sind nur schwer mit dem Handy zu erwischen.
Schwalbenschwanz
Hier merke ich erst, wie hoch das Land hier über dem Meer liegt.
KüsteDurch ein BlumenmeerPanorama
Die Zitronenbäume tragen gleichzeitig Blüten, grüne und reife Früchte.
Zitronenbaum
Die Chiesa della Madonna di Costantinopoli wurde 1685 in Auftrag gegeben und sticht durch ihre achteckige Architektur hervor.
Chiesa della Madonna di Costantinopoli
Vom Hügel klotzt die Hauptkirche von Tricase, die Chiesa della Natività della Beata Vergine Maria, herab.
Die Vorläuferkirchen wurden von den Osmanen, dem Grafen von Lecce und von den Venezianern devastiert. Ein Neubau um 1736 stand auf so schwachen statischen Beinen, dass er bald wieder abgetragen werden musste, bis die jetzige Kirche 1781 ihrer Bestimmung übergeben wurde.
Chiesa della Natività della Beata Vergine MariaChiesa della Natività della Beata Vergine MariaTurris MagnaChiesa della Natività della Beata Vergine Maria
Der Bürgermeister der Stadt hält eine Pressekonferenz zu „80 Jahre Kriegsende“ ab. Der Hund ist besonders daran interessiert.
Bürgermeister Antonio De Donno
Die Chiesa di San Domenico wurde zwischen 1679 und 1704 errichtet.
Chiesa di San DomenicoChiesa di San DomenicoChiesa di San Domenico
Am Nachmittag kommen die Ausläufer der Schlechtwetterfront sehr gemächlich daher
Regenwolken
Ich habe heute ein Privatquartier gefunden.
PrivatquartierPrivatquartierDie Herrin des Hauses mit vier Jungen
Tagesstrecke: 18,8km; ↑ 177 m; ↓ 155 m + 0 km Stadtrundgang
Jetzt heißt es Abschied nehmen von Otranto, der Stadt mit den starken Befestigungsmauern.
Otranto
Ein Blick auf den Hafen und die Stadt.
Otranto
Im Hafen komme ich an einer Gedenkstätte vorbei, die an ein Unglück im Jahre 1997 erinnert, als ein albanisches Flüchtlingsboot mit einer italienischen Fregatte im albanischen Hoheitsgebiet kollidierte und sank. Es gab etwa 80 Tote. Ausgelöst wurde die Flüchtlingswelle durch den sogenannten Lotterieaufstand.
Gedenkstätte im Hafen
Nun gehe ich wieder dem Küstenweg entlang und genieße den Ausblick auf das Meer.
Küstenweg
Nicht nur in Albanien gibt es Bunker, auch auf dieser Seite der Adria sind sie zu finden. Die Entfernung nach Albanien beträgt etwa 100 km, angeblich soll man an klaren Tagen die andere Küste sehen können.
BunkerSteilküste
Leider ist die Route der VFS plötzlich gesperrt. Ich habe keine entsprechende Umleitung gefunden und daher selbst für eine gesorgt. Über ein abgeerntetes Feld bin ich wieder auf die „alte“ Route und zum stillgelegten Bauxitabbau gekommen.
FeldEhemaliger Bauxitabbau
Dann komme ich an einer Hundestation, weit weg von anderen Häusern, vorbei. Die Begrüßung ist lautstark, aber alle Hunde sind gesichert.
Hundestation
Die Masseria Cippano ist ein befestigtes Bauernhaus aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der Bauernhof besteht aus einem 15 Meter hohen Bauwerk mit einer Außentreppe, Strebepfeilern, Pechzähnen und Schießscharten und ist heuteeine Ruine.
Masseria Cippano
Auf einem riesigen Feld werden von einer Gruppe Wein-Edelreiser zum Anwurzeln ausgesetzt. Ich erfahre, dass es sich im eine großbeerige Speisetraube handelt. Die Leute haben sichtlich und hörbar großen Spaß und dürften Einheimische sein.
Auspflanzen von Edelreisern
Endlich habe ich eine erwischt…
Eidechse
In Uggiano La Chiesa beherrscht nicht nur im Namen die Kirche Santa Maria Maddalena alles.
Chiesa Santa Maria MaddalenaSanta Maria Maddalena
Im Rathaus hole ich mir den Pilgerstempel.
Palazzo Municipale
Dann marschieren ich los, endlich komme ich in einen Flow und…. von der Originalroute ab. Gut, dass ich mit GPS meinen Weg kontrollieren kann, so habe ich gleich einen Ersatzweg gefunden, ohne umkehren zu müssen. Er ist etwa gleich lang, aber auf einer frequentierteren Straße.
Straße
In Vitigliano bin ich wieder auf dem „echten“ Pfad.
Vitigliano – Palazzo Ciullo
Als ich in Vignacastrisi in meinem Quartier, dem Aia di San Giorgio, ankomme, ist noch niemand da. Ich habe ja auch keine Zeit angegeben. Daher mache ich es mir auf der Terrasse bequem, bis der Hausherr da ist.
Aia di San Giorgio
Der Speiseraum ist voller Bilder von Musikern und kleinen Kunstwerken.
Aia di San GiorgioAia di San Giorgio
Das Abendessen kocht der Chef für mich allein, dazu ein Gläschen roten Wein.
Petolle, Ricottaknödel mit Pistazien Radiccio mit KartoffelpüreeZucchini – Kartoffel, FrigitelliPasta con manzo
Tagesstrecke: 26,1 km; ↑ 170 m; ↓ 121 m + 0 km Stadtrundgang
In der Früh ist die Piazza Caduti in Nebelschleier gehüllt. Der Besitzer der Bar, in der ich mein Frühstück einnehme, interessiert sich für meine Tour und gibt mir einige kulturelle Tipps. Er selbst kennt die Strecke mit dem Mountainbike.
Martano – Piazza Caduti
Auch die Wiesen und Wege sind durch den Nebel feucht.
Wiese
Ich weiche gleich von der neu markierten Route ab und folge meiner. Zuerst ist es feucht.
Wiesenweg
Dann tritt die alte Wegtrassierung hervor. Da gehe ich schon daneben im gut gepflegten Olivenhain.
Originaltrasse
Unterwegs sehe ich noch eine schöne Pflanze.
Sommerwurz
Auf einem Platz in Carpignano Salento beobachte ich, wie ein Mann einen Abgang zur Unterwelt frei macht. Eigentlich gibt es hier eine Krypta aus dem 10. Jhdt. zu besichtigen. Nur die ist 80 m weiter und nicht geöffnet.
Der freundliche Mann nimmt mich mit in eine unterirdische Ölpresse und erklärt die Funktionsweise.
Sonderführung
Vom Straßenniveau werden die Oliven durch Schächte direkt in Sammelbehälter geleert. Jeder Klient hat seinen eigenen. Von dort kommen die Oliven zum Zermahlen auf den Mahlstein. Der wird durch Tiere (meist Esel) unterirdisch angetrieben.
Mahlstein
Dann wird das Pressgut in Presstaschen gefüllt und mit Spindelpressen ausgepresst.
Spindelpressen
Die Öl-Wassermischung wird getrennt und das Öl ist fertig. Das hier gewonnene Öl wurde mit Schiffen nach Oberitalien und Frankreich bis Skandinavien transportiert und diente vor allem als Lampenöl!
Öltanks im Boden
Diese Ölpresse blieb bis 1700 in Betrieb.
Platz und Abgang
Von Cannole bin ich entäuscht: Es wirkt sehr heruntergekommen. Das Castello Granafei aus dem 15. Jhdt. passt da gut dazu.
Cannole – Castello Granafei
Ab hier verlasse ich die „offizielle“ Route der VFS und suche meine eigene. Die SP 344 ist wenig befahren und ich komme direkt nach Süden bis zur Abzweigung zum Santuario Maria SS.ma di Montevergine, wo ich wieder auf die VFS treffe.
Obelisco Maria SS.ma di MontevergineSantuario Maria SS.ma di MontevergineSantuario Maria SS.ma di MontevergineSantuario Maria SS.ma di Montevergine
Auch den weiteren Weg plane ich selbst und nütze die Begleitstraße der SS 16 Adriatica, um geradewegs nach Otranto zu kommen.
Mein Quartier liegt direkt an der Strecke; Bed Belvedere. Ein Selbstbedienungsrestaurant gehört auch dazu.
„Bed Belvedere“Bed Belvedere
Nach einer Erholpause geht’s auf Sightseeing in die nahe Stadt.
Panorama am StrandBefestigungsmauerEin Stadttor
Der Duomo di Otranto, oder auch Basilica Cattedrale di Santa Maria Annunziata genannt, entstand im 12. Jhdt.
Duomo di Otranto Basilica Cattedrale di Santa Maria AnnunziataDuomo di Otranto Basilica Cattedrale di Santa Maria Annunziata
Ein großes Mosaik (10 Mio. Teile) aus dem 12. Jahrhundert mit einer Fläche von 57 × 28 m = 1596 m² befindet sich vollflächig auf dem Boden des Gebäudes.
Duomo di Otranto Basilica Cattedrale di Santa Maria AnnunziataDuomo di Otranto Basilica Cattedrale di Santa Maria Annunziata
Die Krypta ist ein Säulenwald.
Basilica Cattedrale di Santa Maria Annunziata – – Krypta
In der Kathedrale befinden sich zudem Reliquien der 800 Märtyrer von Otranto.
Reliquienaltar
Das heutige Castello Aragonese di Otranto ist die Folge einer ständigen Anpassung an die verschiedenen Anforderungen der Kriegsführung.
Castello Aragonese di Otranto
Die Chiesa San Pietro ist ein wichtiger Vertreter byzantinischer Kunst in Apulien. Sie wurde etwa im 9. und 10. Jahrhundert erbaut und war wahrscheinlich die erste Basilika der Stadt, die im Jahr 968 zum Bischofssitz gewählt wurde.
Chiesa San Pietro
In der mit Fresken geschmückten Kirche wird gerade geheiratet.
Tagesstrecke: 26,2 km; ↑ 95 m; ↓ 192 m + 5 km Stadtrundgang
Um 6.20 Uhr breche ich auf und suche mir ein offenes Café, das ich gleich neben der Porta San Biagio finde.
Porta San Biagio
Am Denkmal der Liebenden vor bei geht’s rasch aus der Stadt.
Denkmal der Liebenden
Es geht gut voran und schon bald bin ich in Merine. Der Ort erwacht, die älteren SchülerInnen fahren mit dem Bus, die jüngeren mit Mama.
MerineMerineMerine
Bei Kilometer 12 des heutigen Marsches erwartet mich eine große Überraschung. In Acaya steht eine fast unveränderte Wasserburg aus der Renaissance. Auf spätere Umbauten wurde verzichtet.
AcayaAcayaAcaya – Zugang zum Borgo
Bei Kilometer 19 ist Vernole an der Reihe. Die Ortschaften ähneln sich sehr. Überall findet man Zeichen der Paläste aus dem Barock: Torbögen, Balkone, Innenhöfe.
VernoleVernoleVernole – Mariensäule Vernole – Chiesa Madre
Auf dem weiteren Weg komme ich an einigen Naturschutzgebieten vorbei. Die Wege sind mal breiter, mal schmäler.
WegeWegeWegeGelbköpfige Dolchwespe
Nach mehr als 33 Kilometern komme ich in Martano an. Wieder schmiegen sich enge Gassen um das Zentrum, wieder gibt es zahlreiche Palazzi.
PalazzoPalazzoPalazzo„Hauptstraße“
Ich suche meine Herberge bei Borgo in Corte, die in verschiedenen Altstadthäusern Wohnungen anbieten. In diesem Viertel gibt es noch Gemeinschaftshöfe aus früherer Zeit, wo mehrere Wohneinheiten gemeinsame Infrastruktur nutzen.
Quartier in der AltstadtQuartier in der AltstadtQuartier in der Altstadt
Auch für die Altpolitiker der Stadt hat man etwas übrig. Der Minister a.D. (um 1900) hat einen Drink spendiert bekommen.
Minister
Zum Abendessen einmal fleischlos: Ciceri e tria (frische Pasta mit Kichererbsen) – ein typisches Gericht für die Region Salento.
Tagesstrecke: 33,7 km; ↑ 68 m; ↓ 60 m + 1 km Stadtrundgang
Mit einem üblichen Frühstück – doppelter Espesso, ein Kornetto und Saft – beginnt der Tag ganz normal. Um 7 Uhr bin ich schon unterwegs und wandere auf unterschiedlichen Pfaden gegen Süden.
Quer durchs Gelände
Die ersten Maulbeeren sind reif und wollen verkostet werden. Die sind schon sehr süß und lösen sich vom Stängel.
Maulbeeren
Nach etwa neun Kilometern komme ich zur Abbazia Santa Maria di Cerrate, die ganz einsam in der Gegend steht. Sie ist eines der bedeutendsten Beispiele romanischer Architektur in Otranto.
Abbazia Santa Maria di Cerrate
Sie stammt aus dem 12. und 13. Jhdt., die Fresken aus dem 13. und 14. Jhdt.
Abbazia Santa Maria di CerrateAbbazia Santa Maria di CerrateAbbazia Santa Maria di CerrateAbbazia Santa Maria di CerrateAbbazia Santa Maria di Cerrate
Eigentlich ist die ehemalige Abtei erst um 10 Uhr geöffnet, aber am Sonntag ist um 9 Uhr eine Messe. Für mich hat der Kustode noch um 20 Minuten früher geöffnet. So brauche ich nicht eineinhalb Stunden zu warten.
Abbazia Santa Maria di Cerrate
Der Weg ist fast immer sehr gut begehbar, sodass ich auch rasch weiterkomme.
Radweg durch die Macchie
Der einzige Ort unterwegs ist die kleine Stadt Surbo, die wenig Bedeutung hat.
SurboSurbo – Hauptplatz
Die Außenfassade dieses Wohnblocks ist total verwittert. Das Meer ist nicht weit.
Surbo – Siedlung
Mit ein paar Hindernissen komme ich nach Lecce, wo ich direkt an der Festungsmauer lande.
Festungsmauer
Der Innenstadtkern ist einfach unbeschreiblich. Ich kann mich an keine Stadt erinnern, wo so viele Paläste dicht an dicht stehen. Sie haben nicht nur prunkvolle Fassaden, auch die Höfe sind repräsentabel.
Da viele Gebäude unter Napoleon den Besitzern enteignet und der Allgemeinheit übergeben wurden, sind heute viele durch Ämter in Gebrauch.
Auch bei den Kirchen wurde nicht gespart: Die Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta e Sant’Oronzo oder kurz Duomo ist eines von vielen Beispielen.
Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta e Sant’Oronzo
Die heutige barocke Architektur geht auf den Grundriss aus dem 12. und 13. Jhdt. zurück. Die Krypta ist ein Zeugnis dafür.
Cattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta e Sant’OronzoCattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta e Sant’OronzoCattedrale Metropolitana di Santa Maria Assunta e Sant’Oronzo – Krypta
Die Basilica Santa Croce ist ein weiteres Beispiel süditalienischen Barocks.
Basilica Santa CroceBasilica Santa Croce
Diese Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Auch von den Römern gibt es etwas zu sehen: das alte römische Theater, das im 1. und 2. Jhdt. n. Chr. für ca. 25.000 Besucher errichtet wurde.
Amphitheater
In der Stadt ist viel los. In den nächsten Tagen ist der Giro d’Italia in der Stadt zu Gast.
Giro d’Italia auf der Piazza Sant’OronzoGiro d’Italia
Ich beziehe mein Quartier in der Urban Oasis. Die MitarbeiterInnen sind äußerst freundlich und hilfsbereit. Nur das Haustor hat seine Eigenheiten. Da muss man erst mit dem Rucksack durchkommen.
Urban OasisUrban Oasis
Auf Anregung von meinem Neffen gönne ich mir einen Café Leccese mit Beilage.
Café Leccese
Tagesstrecke: 25,6 km; ↑ 35 m; ↓ 17 m + 6 km Stadtrundgang
Noch vor dem Frühstück schaue ich auf der Piazza Mercato vorbei, wo die Händler gerade ihre Waren aufbauen.
Piazza Mercato
Die Gassen machen einen sauberen Eindruck, nichts von schmuddeliger italienischer Hafenststadt. Die Bäume sind Mandarinen.
Via Trieste
Bei der Porta Lecce verlasse ich die ehemaligen innere Stadt. Hier sind noch die Befestigungsanlagen aus dem 15. Jhdt. zu sehen.
Porta LecceVerteidigungsanlagrn
Noch lange begleiten mich die Neubauten auf dem Weg aus der Stadt mit über 80.000 Einwohnern.
Neubauten
Dann bin ich wieder allein auf wirklich weiter Flur. Lange Gerade landwirschaftliche Wege durchkreuzen die Landschaft. Es wird abwechselnd Gemüse, Obst, Wein und Getreide, ja und natürlich Oliven, angebaut.
Wer kennt dieses Gebilde? Die Auflösung gibt’s gegen Ende.
Wer oder was bin ich?Feldweg
Plötzlich kann der Weg auch so aussehen. Sieht zwar sehr „bio“ aus, ist aber sehr schwer zu gehen.
Feldweg
Oder so: fast wie es die alten Römer machten
Steinweg auf einer SteigungWeg des Weingutes Tormaresca
Auch die Gebäude am Weg haben vielfältiges Aussehen.
Betriebsgebäude des Weingutes TormarescaWohnhaus am LandLost place
Immer häufiger komme ich an ganzen Olivenhainen vorbei die nahezu abgestorben sind.
Oliventod
Kurz vor dem Ziel komme ich noch an den Resten von „VALESIO“, einer archäologischen Fundstelle vorbei. Hier hat sich bereits in vorrömischer Zeit eine Siedlung befunden. Sie war über einen fünf Kilometer langen Kanal mit der Adria verbunden. Erst um 1500 wurde diese Gegend verlassen.
ValesioVilla in ValesioReste des alten Kanals
Zu Mittag bei meiner Ankunft in Torchiarolo herrschte fast „High Noon“ – Stimmung.
TorchiaroloTorchiaroloTorchiarolo – Santa Maria AssuntaTorchiarolo – Santa Maria AssuntaTorchiarolo – CastelloTorchiarolo
Ich bin in der Foresteria Parrocchia Sant. Maria Assunta untergebracht, ein nettes Pilgerquartier im ehemaligen Kindergarten. Bei der Ankunft liegt rin Willkommenspaket mit Pizzaschnitte, Wasser und Banane bereit.
Foresteria Parrocchia Sant. Maria AssuntaForesteria Parrocchia Sant. Maria AssuntaForesteria Parrocchia Sant. Maria Assunta
Zum Abendessen gibt es heute Schweinsripperl.
Zur Auflösung des Bildes:
Es ist die Blüte der Artischocke
Tagesstrecke: 27,8 km; ↑ 55 m; ↓ 16 m + 1 km Stadtrundgang
Heute steht die Königsetappe dieser Tour an. Um die Kühle des Morgens auszunutzen, bin ich kurz nach sechs Uhr aus dem Haus, und als ich beim Café eintreffe, gehen gerade die Rollladen hoch.
Morgenstimmung in Torre Santa Sabina
Heute ist wieder viel Natur angesagt. Ich versuche den Sandstränden möglichst zu entgehen.
DünenHinter den DünenWilde Möhre?
Graffitis können auch stilvoll sein und müssen nicht nur hingefetzt sein.
Graffitis unter einer Straßenbrücke
Auch ein Kunstwerk?
Das orange Sofa
Lange geht es an der SS379 entlang. Rechts davon ist ein Naturschutzgebiet, das die Macchie, den Strand und das Wasser betrifft. Am Strand soll es Wasserschildkröten geben und im Wasser einen Kelpwald.
An der SS379
Die Wacht- und Kommunikationstürme stehen alle paar Kilometer.
Nach 30 km komme ich an der Stadtgrenze an, die vom Flughafen gebildet wird. Ein Flugzeug der EasyJet aus Basel setzt gerade zur Landung an.
EasyJet aus Basel
Am Stadtrand werden die Pilger von einer Eisenfigur erwartet.
Begrüßung in Brindisi
Das Denkmal für die gefallenen Marineangehörigen aus dem ersten Weltkrieg wäre begehbar. Es wurde vom „Duce“ Mussolini in Auftrag gegeben.
Kriegerdenkmal
Mit einer Motorbarkasse geht es über den schmalen Meeresarm zur Altstadt von Brindisi.
Früher als sonst bin ich auf der Straße unterwegs. In Erwartung großer Hitze habe ich mich schon um 6.40 Uhr auf den Weg gemacht. Dass die Hitze nicht gekommen ist, macht nichts.
Via FrancigenaLokalverkehr der Bahn
Die kleinen Stationen sind auch hier längst aufgelassen worden.
Ehemalige Bahnstation
Auch wenn die Sonne nicht scheint, leuchtet Ostuni vom Hügel herunter.
Ostuni
Asphaltiert wird, wie gerade Platz ist. Wenn ein paar Sträucher in die Fahrbahn ragen, werden sie nicht gleichgestutzt, sondern darum herumasphaltiert.
Neuer Asphalt für die Radfahrer?
Zu vielen Gutshöfen (Masseria) führen herrschaftliche Zufahrten. Viele werden heute als Hotel etc. geführt.
Zufahrt zu einer Masseria
Ich entdecke die ersten Olivenbäume, die vom Olivenbaumsterben bedroht zu sein scheinen. Auslöser ist das Bakterium Xylella fastidiosa (dt. Feuerbakterium), das die Poren der Pflanzengefäße (Xylem) verstopft und somit den Wasser- und Nährstofftransport blockiert. Die Versuche, die betroffenen Teile zu entfernen, sind nicht von dauerhaftem Erfolg. Einzig die Totalentfernung schützt die anderen Bäume. Angesichts dieser Jahrhunderte alten Bäume ist das nicht vorstellbar.
Befallene Bäume
Und rundum blüht es!
Königskerze
Jetzt bin ich kurz vor Torre Santa Sabina wieder ans Meer gekommen. Hier muss ich nicht dauernd über die Felsen steigen, sondern kann auf der „Strada comunali“ wandern.
Am Meer„Strada comunali“
Der ganzen Küste entlang gibt es eine Kette von Türmen, die der Kommunikation beim Angriff diverser Feinde dienten.
Wachturm
Auf dem Jakobsweg! Unterwegs treffe ich immer wieder auf fossile Muschelansammlungen.
Fossile Jakobsmuschel
Die Anlagen der Ferienwohnungen und Campingplätze werden instand gebracht. Der Pool ist noch abgedeckt. Saisonbeginn ist der 1. Juni.
Campingplatz
Ich bin im B&B Torre Santa Sabina angemeldet. Der Vermieter kommt erst später. Ich stärke mich einstweilen in einem Restaurant in der Nähe.
Panini mit Oktopus, Schinken, Käse und Salat
Das B&B ist sehr großzügig.
B&B Torre Santa SabinaB&B Torre Santa SabinaB&B Torre Santa Sabina
Die Sonne kommt heraus, ich gehe an den Strand. Das Wasser ist nicht kalt, aber es weht jetzt ein frischer Wind.
Am Strand
Der Torre Santa Sabina ist leider gesperrt. Er wurde aller Wahrscheinlichkeit nach zwischen dem Ende des 15. und dem Beginn des 16. Jahrhunderts als Kontrollturm für den kleinen Hafen erbaut.
Torre Santa Sabina
Der Ort ist seit dem 7. Jhdt. v. Chr. bekannt und stellte einen wichtigen Hafen nach Griechenland dar. Die maritimen Aktivitäten dauerten von der mykenischen Zeit bis ins Mittelalter und die Neuzeit an. In der Kaiserzeit befand sich hier die Raststätte Ad Speluncas.
Heute ist der Fremdenverkehr die Haupteinnahmequelle für die Bevölkerung.
Tagesstrecke: 23,2 km; ↑ 14 m; ↓ 138 m + 2 km Stadtrundgang