Nach dem für mich doch anstrengenden Marsch habe ich ausgezeichnet geschlafen. Auch heute ist es wieder sehr kühl. Der Wetterdienst meldet 1°C, die Autos in der Straße haben Reif auf den Dächern.
Ich fahre wieder mit dem Bus retour nach Lengerich und genieße ein ausgezeichnetes Frühstück in einer Bäckerei am Rathausplatz.
Dann geht es hinaus aus der Stadt. Meine GPX- Daten entsprechen nicht der Markierung. Aber ich finde trotzdem aus der Stadt. Ich muss ja nicht sklavisch dem empfohlenen Weg folgen. Manchmal lässt sich die Streckenführung ohnehin nicht erklären.
Aber ich finde die Markierungen rechtzeitig, um beim „Haus Vortlage“ wieder am Weg zu sein. Das Haus Vortlage ist in der Anlage ein Wasserschloss, das seit dem 13. Jhdt. von 13 Geschlechterfolgen bewohnt war. Dann erwarb es Frau Line Kossolapow alias Leonila Tichonowna, eine Pädagogikprofessorin, Autorin und Künstlerin, die hier ein Kunstzentrum errichtete. Am Samstag ist das Haus zum Kunstcafe offen.
Dann geht es auf die langen Geraden, leider nahezu immer mit Asphalt. Die Abschnitte mit Schotter oder gar Waldwegen sind äußerst rar.
Die Eichen treiben ihre Blätter aus und die Eichenprozessionsspinner werden aktiv. Weh dem, der da allergisch reagiert.
Dieses Meer ist ein Spargelfeld. Spargel hat gerade Saison.
Die Rehe grasen auf den Feldern wie die Ziegen. Auf einem Fleck sind gleich acht Stück zu sehen. Sie lassen sich vorerst nicht stören und entfernen sich dann doch auf etwa 100 m.
Nicht alle Skulpturen haben mit dem Jakobsweg zu tun, manche erinnern an den 30-jährigen Krieg und den Westfälischen Frieden.
Vor Ladbergen sind auffällig viele Bombentrichter zu sehen. Ladbergen wurde im 2. Weltkrieges wegen des nahen Dortmund-Ems-Kanals schwerst bombardiert.
Eine pilgerfreundliche Nachbarin hat eine Gartengarnitur aufgestellt und lädt die Vorbeikommenden zur Pause ein. Das wird herzlich angenommen.
1936 errichteten der in Ladbergen geborene Lönsverehrer Kaufmann August Lagemann aus Münster und sein Bruder Otto Lagemann einen Gedenkstein für den Heidedichter Hermann Löns. Löns war nie in Ladbergen, durch den Stein wurde die Landschaft dort aber Lönsheide genannt.
In Ladbergen sind einige alte Gebäude zu finden, die nicht der Abrisswut der Sechzigerjahre zum Opfer gefallen sind.
In Ladbergen nehme ich im einzigen offenen Lokal eine kleine Stärkung zu mir. Sonst komme ich zu früh in Schmedehausen an.
Kurz nach Ladbergen kommt mir ein Pilger mit Muschel am Rucksack entgegen. Es ist der erste Pilger / Weitwanderer, den ich hier treffe. Es ist Eric aus Frankreich und in Naumur gestartet. Er möchte nach Hamburg und dann weiter auf’s Nordkap. Er erzählt mir, dass er immer in „freier Wildbahn“ übernachtet. Das wäre mir bei den Temperaturen sicher zu kalt. An guatn Weg, Eric.
Nach wenigen Kilometern komme ich an den Dortmund-Ems-Kanal, einer wichtigen Verbindung im deutschen Kanalnetz. Er ist etwa 220 km lang und führt von Dortmund bis nach Papenburg.
Von der Schmedehausener Brücke hat man einen guten Überblick auf den Kanal und die Umgebung.
Ich quartiere mich im Gästehaus „Am Dom“ ein, wobei die Kirche gegenüber wahrlich kein Dom ist. Das Gästehaus hingegen ist hochinteressant, mit vielen Kunstwerken ausgestaltet und vor allem mit viel Witz eingerichtet – eben Gästezimmer … etwas anders.
Am Abend kommt noch Franz aus Hasbergen nach Schmedenhausen und wir ratschen, bis wir die letzten Gäste im Gasthaus sind. Danke für das schöne Treffen!
Tagesstrecke: 21,8 km; ↑ 36 m; ↓ 47 m
Schöne Landschaften! Hoffentlich bleibt das Wetter trocken!
Danke für den spannenden Tagesbericht und Buen camino:)
Sehr informative Etappenberichte versehen mit schönen Fotos. Macht Spaß an deinen Pilgererlebnissen teilzuhaben. 😊
Weiterhin guten Weg 🥾🎒
Toller Start und schöne Bilder