Archiv für den Monat: Oktober 2020

6. Tag Sonntag, 04. Oktober 2020 Trechtingshausen nach Bacharach

Die Nächtigung in der Burgherberge auf Burg Stahleck war recht angenehm. Es sind viele Familien mit kleinen Kindern hier zu Gast.

In der Früh muss ich mich beeilen, dass ich nach einem ausgiebigen Frühstück rechtzeitig und gesund den Burgberg ins Tal zur Bahn komme. Ich fahre wieder zwei Stationen zurück nach Trechtingshausen. Das Dorf wirkt wie ausgestorben, auch für einen Sonntag.

Wappen von Trechtingshausen
Fassadenschmuck
Neuwegtor

Gleich zu Beginn hat es der Weg in sich. Auf 2,8 km steigt der Weg um 345 m durch einen engen Graben.

Durch den Trechtingshausener Bach

Die Wildschweine sind in der Nacht bis zum Dorf gekommen.

Wildschweinspuren

Oben komme ich zu den Kölschen Wiesen, was nichts mit dem gleichnamigen Volksfest zu tun hat.

Kölsche Wiesen

Dann geht es bequem weiter bis nach Niederheimbach, das wieder unten im Rheintal liegt.

Die Fichten sind auch schon Opfer des Borkenkäfers geworden.

Über der Burg Sohneck steht die Aussichtswarte zum „Zehn-Burgen-Blick“. Ich kann in der nieseligen Sicht nicht alle erkennen, aber sie werden schon da sein.

Zehn-Burgen-Blick
Rhein
Burg Sohneck
Niederheimbach im Vordergrund und Lorch hinten

Für jeden Weg einen „Weiser“

Die Burg Heimburg oder Hohneck über Niederheimbach war keine Ritterburg, sondern eine Festung für Soldaten. Um die Burg gibt es eine Märchenpfad mit großen Figuren.

Die Hügel entlang des Rheins werden zum Leidwesen des Wanderers immer von tiefen Taleinschnitten durchzogen. Das heißt: runter und rauf oder ein weiter Umweg. Manchmal auch beides. Das trifft für Oberdiebach zu, das auch auf eine lange Geschichte verweisen kann.

Einige kleine Winzer nützen die Feiertage, um die Trauben zu lesen. Hier ist Handarbeit angesagt.

Rieslinglese
Schwindelfreiheit ist angebracht

Endlich taucht Bacharach mit der Burg Stahleck auf. Das Wetter ist von Nieselregen auf Sonne umgeschwenkt.

Bacharach

Die Burganlage Stahleck entstand um das Ende vom 11. zum 12. Jhdt. und war lange Zeit im Besitz der Wittelsbacher. In der NS-Zeit war hier ein Umerziehungslager untergebracht. 1926 wurde hier bereits eine Jugendherberge errichtet. Diese Bestimmung hat die Burg auch heute wieder. Eine Besonderheit ist neben der tollen Aussicht der wassergefüllte Halsgraben.

Burg Stahleck

Route auf alpenvereinaktiv.com

Tagesstrecke:   19,9 km; ↑ 651 m; ↓ 758m

5. Tag Samstag, 03. Oktober 2020 Ober-Hilbershein nach Trechtingshausen

Gestern Abend traf ich drei deutsche Wanderer, die auch das gleiche Quartier reserviert hatten. Wir haben dann beim Abendessen Caminoerlebnisse ausgetauscht.

Nach einer herrlichen Nacht gehe ich ins Nebengebäude, wo die Hausfrau schon das Frühstück vorbereitet hat. Das, was sie für mich vorbereitet hatte, hätte drei sättigen können.

Frühstücksraum

Im Schrothaus, einem Gemeindezentrum, habe ich gestern Abend gegessen.

Schrothaus

Leider hat sich das Wetter etwas verschlechtert. Von Westen kommt eine Störungsfront, die mich aber nur unwesentlich tangiert.

Bei Nieder-Hilbersheim

Die Wallfahrtskirche auf dem Laurenziberg war schon seit dem 7. Jhdt. Mutterkirche für die ganze Umgebung. Seit 1488 gibt es die jährliche Laurenziwallfahrt.

Laurenzikirche

Der nächste „Berg“ ist der Jakobsberg. Dort befindet sich seit 1720 eine Nothelferkirche, aus der 1921 das Kloster Jakobsberg hervorgegangen ist.

Kirche am Jakobsberg

In dieser Weinlaube finden sicher auch Spezialisten Überraschungen.

Weinlaube am Jakobsberg

In Ockersheim steht am Rande des Dorfplatzes dieser Brunnen. Leider ist er nicht mit Wein gefüllt.

Dorfbrunnen

Ich steige auf den letzten Hügel vor dem Rheintal, den Rochusberg. Das Tor öffnet sich in die Weingärten.

Dort steht auch die Rochuskirche, die wir im Vorjahr besucht haben. Daher erspare ich mir den Umweg.

Rochuskirche

Jetzt sehe ich hinunter auf Bingen mit dem Mäuseturm auf einer Rheininsel.

Mäuseturm
Bingen

Die Stadt scheint fast wie ausgestorben, nur ein paar Touristen haben sich heute am Tag der Einheit hier verlaufen.

Bingen – Kapuzinerstraße

In der Pfarrkirche St. Martin erhalte ich einen Stempel für meine Sammlung und habe Zeit für die tollen Artefakte.

Basilika St. Martin
Hochaltar
Niederländischer Marienaltar 1579

Dann geht es auf den Rheinsteig, wie der Weg unter anderem heißt.

Immer entlang des „Abgrunds“
Wegweiser am Rheinsteig

Die Burg Rheinsteig ist die erste, an der ich unmittelbar vorbeikomme. In den nächsten Tagen werden es vermutlich viele sein. Die Burg kann auch innen besichtigt werden, worauf ich aus zeitlichen und konditionellen Gründen verzichte.

Die Waldgaststätte Schweizerhaus ist ein beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen und Gäste.

Immer wieder verlocken Aussichtspunkte zum Fotografieren und Staunen.

Beim Abstieg nach Trechtingshausen passiere ich noch die Burg Reichenstein, die schon 1215 erwähnt wird. Rudolf von Habsburg ließ sie 1282 zerstören. Sie wurde aber ab 1355 zügig wiedererrichtet. Jetzt ist plötzlich wieder herrlicher Sonnenschein.

In Trechtingshausen endet meine heutige Wanderung. Da ich im Ort kein Quartier bekomme, weiche ich nach Bacharach aus. Ich nehme den Zug und fahre in sieben Minuten weiter in die geschichtsträchtige Stadt am Rhein. Genaueres dazu aber morgen.

Die Jugendherberge ist in der Burg Stahlegg untergebracht. Ich residiere im Pallas.

Route auf alpenvereinaktiv.com

Tagesstrecke:   31,4 km; ↑ 750 m; ↓ 785 m

4. Tag Freitag, 02. Oktober 2020 Gau-Odernheim nach Ober-Hilbersheim

Als ich kurz vor 8 Uhr von der Hausherrin herzlich verabschiedet werde, kracht es in den Weingärten wie bei einer Bauernhochzeit.

Mein erstes Ziel ist der Petersberg, der etwa die gleiche Höhendifferenz aufweist wie meine Walkingstrecke über Messendorfberg, nämlich 115 m. Auf dem Berg gibt es eine archäologische Fundstelle mit einer dreischiffigen Basilika aus dem 10. Jhdt. Außerdem ist der Rundblick außergewöhnlich.

Petersberg 246 m
Dreischiffige Basilika – Apsis rechts
Blick nach Süden

Auf der anderen Seite geht es hinunter nach Bechtolsheim. Hier werden Weinköniginnen prominent am Ortseingang präsentiert.

Weinkönigin Sina

Den Jakobspilgern wurde von der Weinbruderschaft ein besonders schöner Wegweiser gesetzt.

Die Pfarrkirche (1492) hat eine Besonderheit: Seit Palmsonntag, 15. April 1685 wird die Kirche auf Befehl Ludwigs XIV. von der katholischen und der evangelischen Gemeinde als Simultankirche genutzt. Interessant ist der abgesetzte Turm, der erst 1907 errichtet wurde. Er gehört der Gemeinde und nicht der Kirche. Von 1954 – 1964 gab es über die Verwendung des Geläutes einen Streit, der bis zum Bundesverwaltungsgericht ging.

Simultankirche und Glockenturm Bechtoldsheim

Eine Gruppe Gänse erinnert an den früheren Brauch, dass ein Gänsehirte täglich mit den Gänsen des Dorfes auf die Weide zog.

Gänseschar

Zwischen den Tälern mit den Weingärten gibt es große Hochplateaus.

Der Wehrturm der Kirche in Spießheim wurde schon 1050 errichtet.

Wehrkirche in Spießheim

In der kleinen Stadt Wörrstadt sitze ich beim „Neun Röhren-Brunnen“, der 1609 angelegt wurde. Hier entspringt der Mühlbach. Die Pizza, die ich hier esse, ist nahrhaft, …

Neun-Röhren-Brunnen

Der letzte Ausscheller hat bis 1969 seine Tätigkeit ausgeübt.

Ausscheller

Jetzt bin ich am Ziel in Ober-Hilbersheim, auch ein uralter Ort. Ich bin in der „Alten Kelter“ eingekehrt, ein entzückend renovierter Winzerhof.

Ober-Hilbersheim
Alte Kelter

Zum Abendessen gibt es heute eine Vesperplatte und zwei Federweiße. In der Steiermark sagen wir dazu Sturm. Beides ist köstlich und ausreichend.

Route auf alpenvereinaktiv.com

Tagesstrecke:   27,7 km; ↑ 334 m; ↓ 264 m

3. Tag Donnerstag, 01. Oktober 2020 Worms nach Gau-Odernheim

Ich möchte euch den Wormser Dom im Morgengrauen bei blauem Himmel nicht vorenthalten. Nach dem Frühstück starte ich meinen Tagesmarsch direkt vor dem Dom, wo ein Stein mit der Jakobsmuschel den Jakobsweg anzeigt.

Dom zu Worms
Der Jakobsweg geht beim Dom vorbei

Die Kämmererstraße ist sonst gefüllt mit pulsierendem Leben. Um 8 Uhr früh ist davon nichts zu spüren.

Kämmererstraße

Die Martinspforte zeigt das Ende der Altstadt an.

Die Liebfrauenkirche ist die einzige rein gotische Kirche der Stadt und hat den Weingroßhändler Valckenberg zur Weinmarke „Liebfrauenmilch“ inspiriert. Das süße Gesöff hat wohl auch andere Winzer zur Glykolpantscherei verleitet.

In Herrnsheim komme ich an einem großen Schlosskomplex vorbei, der heute der Stadt Worms gehört.

Jetzt bin ich im Weingebiet angekommen. Fast den Rest der Strecke gehe ich heute durch Weinriede.

Automatische Knallanlage zur Vertreibung der Stare
Wein soweit das Auge reicht

Die Lese erfolgt rein maschinell. Der Ernter kann 3500 l in seinem Tank sammeln, bevor das Traubenmaterial in den Transporter umgefüllt wird.

Traubenernter

Einer wacht über die Weingärten.

Die Weihnachtsgänse 2020 haben noch ein gutes Leben.

Die Kirche in Framersheim (1903) ist geschlossen, aber in einem Kästchen finde ich einen Stempel für meinen Pilgerpass.

Kurz vor Gau-Odernheim beginnt es leicht zu nieseln. Ich verwechsle Wormser Straße und Mainzer Straße und handle mir ein paar Meter Weg mehr ein.

Gau-Odernheim
Rathaus

Im einzigen Gasthaus im Ort stärke ich mich mit Lammkoteletts und Salat.

Ich übernachte im Gästehaus Bikers Lodge bei einer sehr netten Familie.

Route auf alpenvereinaktiv.com

Tagesstrecke:   33,2 km; ↑ 303 m; ↓ 269 m