7. Tag Montag, 05. Oktober 2020 Bacharach nach St. Goar

Das Wetter meint es heute wieder gut mir. In der Früh ziehen dicke, dunkle Wolken übers Land, es bleibt aber nahezu trocken. Ich starte meinen Weg mit dem Abstieg in die Stadt.

Treppe zur Stadt

Zuerst komme ich zur Ruine der Werner-Kapelle, die zum Gedenken an einen angeblichen jüdischen Ritualmord errichtet wurde. Der Tod des 16- jährigen Werner 1287 hatte Judenprogome zur Folge. 1963 wurde der Hl. Werner aus dem Heiligenregister gestrichen.

Rheinromantische Wernerkapelle zu Bacharach ab 1289

Die Kirche St. Peter ist eine ehemalige Stiftskirche und heute evangelische Kirche der Stadt.

Die Kirche St. Peter
Die Kirche St. Peter
Orgelprospekt aus 1792–1793

In der Marktstraße stehen einige alte Fachwerkhäuser.

Marktgasse
Errichtet 1673

Jetzt geht es steil im Weinberg bergauf. Die Alternative wäre ein kilometerlanger Umweg gewesen.

Dafür werde ich mit einer tollen Aussicht belohnt.

Bacharach
Rheinschleife bei Bacharach

Über dem Rhein liegen große Flächen mit Feldern und Wiesen, die immer wieder von tiefen Gräben mit kleinen Bächen unterbrochen werden. Das sorgt für viele Höhenmeter und große Umwege.

Der nächste Ausblick zeigt die Burg Pfalzgrafenstein, eine Zollstation auf einer Insel nahe Kaub.

Pfalzgrafenstein

Der nächste Ort, durch den ich komme, ist Oberwesel. Langgezogen liegt der Ort zwischen Rhein und Weinberg. Da ist noch Platz für eine Befestigungsanlage mit Wehrtürmen. Die Burg Schönburg wird als Jugendherberge benutzt.

Schönburg

Die Liebfrauenkirche aus dem 14. Jhdt. überrascht mit alten Fresken und grandiosen Kunstwerken.

Liebfrauenkirche
St. Martin
Lettner

Der Goldaltar ist einer der ältesten hochgotischen Schreinaltäre in Deutschland.

Vor dem Rathaus wirbt ein auffälliges Weinglas für die Winzer.

Gleich hinter der Stadt führt der Ölbergsteig auf die nächste Hochfläche hinauf. Eine Tafel weist auf die alpine Struktur des Weges hin.

Zuerst geht es gemütlich durch die Weingärten dahin.

Man sollte schon schwindelfrei sein.

Dann kommen Eisenklammern als Steighilfen zum Einsatz.

Schließlich benötigt man eine Leiter, um zur nächsten Terrasse hochsteigen zu können.

Der Rest des Weges ist wegen eines Felssturzes gesperrt, über eine leichte Umleitung komme ich auf eine große Wiese.

Der landschaftliche Höhepunkt des Weges ist die Loreley, jene Felsen am Rhein, die in der Romantik die Dichter anregten.

Loreley

Ein Gedicht von Heinrich Heine aus dem Jahre 1824, das die von Clemens Brentano erfundene Kunstsage Loreley zum Thema hat, wurde von vielen Komponisten und Komponistinnen bearbeitet. Ich möchte euch den Text nicht vorenthalten.

Gedenktafel an Heine, Brentano und Silcher, den Komponisten der bekanntesten Melodie

Lied von der Loreley (Heinrich Heine)

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
dass ich so traurig bin;
ein Märchen aus alten Zeiten,
das kommt mir nicht aus dem Sinn.

Die Luft ist kühl und es dunkelt,
und ruhig fließt der Rhein;
der Gipfel des Berges funkelt
im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
dort oben wunderbar;
ihr goldnes Geschmeide blitzet,
sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme
und singt ein Lied dabei;
das hat eine wundersame,
gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
ergreift es mit wildem Weh;
er schaut nicht die Felsenriffe,
er schaut nur hinauf in die Höh.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
am Ende Schiffer und Kahn;
und das hat mit ihrem Singen
die Lore-Ley getan.

Loreley

Es gibt aber auch einen jüngeren Schriftsteller, der sich der Loreley angenommen hat: Erich Kästner mit seinem Gedicht.

Der Handstand auf der Loreley
(Nach einer wahren Begebenheit)

Die Loreley, bekannt als Fee und Felsen,
ist jener Fleck am Rhein, nicht weit von Bingen,
wo früher Schiffer mit verdrehten Hälsen,
von blonden Haaren schwärmend, untergingen.

Wir wandeln uns. Die Schiffer inbegriffen.
Der Rhein ist reguliert und eingedämmt.
Die Zeit vergeht. Man stirbt nicht mehr beim Schiffen,
bloß weil ein blondes Weib sich dauernd kämmt.

Nichtsdestotrotz geschieht auch heutzutage
noch manches, was der Steinzeit ähnlich sieht.
So alt ist keine deutsche Heldensage,
daß sie nicht doch noch Helden nach sich zieht.

Erst neulich machte auf der Loreley
hoch überm Rhein ein Turner einen Handstand!
Von allen Dampfern tönte Angstgeschrei,
als er kopfüber oben auf der Wand stand.

Er stand, als ob er auf dem Barren stünde.
Mit hohlem Kreuz. Und lustbetonten Zügen.
Man fragte nicht: Was hatte er für Gründe?
Er war ein Held. Das dürfte wohl genügen.

Er stand, verkehrt, im Abendsonnenscheine.
Da trübte Wehmut seinen Turnerblick.
Er dachte an die Loreley von Heine.
Und stürzte ab. Und brach sich das Genick.

Er starb als Held. Man muß ihn nicht beweinen.
Sein Handstand war vom Schicksal überstrahlt.
Ein Augenblick mit zwei gehobnen Beinen
ist nicht zu teuer mit dem Tod bezahlt!

P.S. Eins wäre allerdings noch nachzutragen:
Der Turner hinterließ uns Frau und Kind.
Hinwiederum, man soll sie nicht beklagen.
Weil im Bezirk der Helden und der Sagen
die Überlebenden nicht wichtig sind.

Casa Peregrina

Schließlich habe ich nicht mehr weit zum Etappenziel in St. Goar. Der heutige Name der Stadt geht zurück auf den Heiligen Goar, der sich während der Regierungszeit des Frankenkönigs Childebert I. (511–538) an der Stelle der späteren Stadt niederließ.

St. Goar

Die Evangelische Stiftskirche aus dem 16. Jhdt. steht auf einer Krypta aus dem 11. Jhdt.

Krypta
Fresken in der Krypta
St. Goar

Man muss ja auch etwas essen. Zu Mittag gibt es herrliche, hausgemachte Bandnudeln mit einer Tomaten-Kapern-Soße und am Abend wähle ich Matjes mit Salzkartoffeln.

Route auf alpenvereinaktiv.com

Tagesstrecke:   21,4 km; ↑ 695 m; ↓ 755 m

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