Heute war ein richtiger Wassertag. Schon der erste Blick hinunter auf Moissac zeigt alles in düsterem Regengrau. Ich beschließe ausgiebig lang zu frühstücken und verabschiede mich von ein paar Freunden, mit denen ich in den letzten Tagen öfters zusammen war und die in Moissac ihren Weg beenden.
Eigentlich wollte ich in der Früh die Markthalle besuchen und den Proviant etwas auffüllen, aber ein Polizist erklärt mir, dass erst um neun Uhr geöffnet wird. Das ist mir zu spät. Ich gehe weiter zum Canal Lateral à la Garonne, der parallel zur Garonne fließt und die Schiffe aus dem Tarn in die Garonne überleitet.
Dem Kanal folge ich jetzt viele Kilometer. Immer wieder gibt es Schleusen, um den Höhenunterschied auszugleichen.
Ein Urlaubsschiff gleitet an mir vorbei. An der nächsten Schleuse muss es auf den Gegenverkehr warten, und ich hole es wieder ein.
Alte Platanen säumen das Ufer. Der Treppelweg auf meiner Seite ist asphaltiert und auch ein toller Radweg. Bei dem heutigen Wetter liebe ich sogar Asphalt. Immer wieder wechseln trockene Phasen mit leichtem Regen.

Die Garonne wird hier in den Canal Golfech und die Garonne geteilt. 
Als ich den Canal de Golfech auf einer Brücke überquere, hat es so geschüttet, dass das Fotografieren fast unmöglich war. Beim Überqueren der Garonne, die in den gegenüberliegenden Talente fließt, habe ich mehr Glück.
Über eine steile Straße komme ich nach Avilla, einen entzückenden kleinen Ort mit viel Vergangenheit. Auf der Rue des Nobles ziehe ich in die Stadt ein.
Am Hauptplatz steht ein schönes, denkmalgeschütztes Gebäude.
Der Uhrturm stammt aus dem 13. Jhdt.
Von einer großen Aussichtsterrasse sieht man weit über das Tal. Im Hintergrund die Kühltürme des AKW Golfech.
Auf dem weiteren Weg begleiten mich interessante Wolkenstimmungen.
In Saint-Antoine besichtige ich noch die Kirche mit ihrem arabisch anmutenden Tor.
Auch das Innendekor ist sehr mutig.
Ich habe eine nette Gîte gefunden.
Tagesstrecke: 29,1 km

Erstmals geht es in der Früh sogar bergab! Die folgende Bergwertung bringt mich zu einem Aussichtspunkt mit schöner Sicht auf Lauzerte.
Der Getreidespeicher mit aufgesetztem Taubenkobel zeigt, dass die Menschen viel Wert auf Qualität gelegt haben.
Der Boden zeigt tiefe und breite Trocknungsrisse. Zu lange ist hier wenig Regen gefallen.
Der Weg ist sehr glitschig, manchmal bräuchte man Steigeisen.
Die Gärten bei den Bauernhöfen liefern alle Arten von Gemüse; besonders die verschiedensten Tomaten leuchten heraus.
Ich komme an einer Kiwiplantage vorbei, wo bereits große Früchte auf die Erntezeit warten.
Die Schwalben sind immer noch da. Sie sammeln sich auf der Leitung und bejagen das umliegenden Feld nach Insekten.
Die Jagd ist los! Es ist Sonntag und die Männer brauchen Beschäftigung. Hier und da höre ich Schüsse fallen. 

Pilger sind willkommene Leute!





In einer ehemaligen Kapelle gibt es eine Ausstellung verschiedener Traubensorten. 


















Gleich geht’s auf die erste Bergwertung, die auch einen schönen Ausblick bietet.
Oben angekommen, erwartet mich eine Hochfläche.
Wer oben ist, muss wieder runter. Hier sind die Stöcke gefragt. Ich treffe einen Schweizer, der seit mehreren Wochen unterwegs ist und meist in der Hängematte schläft. Er ist erst unterwegs auf das Pilgern gekommen.
Der kleine Ort Labastide wirkt wie ausgestorben.
Im einzigen Café, Restaurant, Laden, Postamt, Versammlungsraum und Schulmuseum kehre ich ein.
Gut gestärkt durch Tee und Sandwich und mit guter Laune wandere ich weiter. Heute gibt es meistens nur Schotterwege oder Waldpfade.
Oft werden ehemalige Ackerflächen zu Trüffelkulturen. Die Wurzeln der Eichen werden mit dem Pilzmycel infiziert, ehe man sie aussetzt.
Bei Lascabanes komme ich bei einem netten Anwesen „Les Borderies“ vorbei.
Lascabanes ist auch das Ziel des heutigen Tages. Nur ganz wenige Einheimische sind zu sehen. Die meisten Menschen sind Pilger, die eine Herberge für die Nacht suchen.
Meine Herberge ist im ehemaligen Pfarrhof, der direkt an die Kirche angebaut ist, untergebracht. Nach dem Tod des letzten Pfarrers hat die Regionalregierung den Hof übernommen und eine Gitê eingerichtet.
Alle Herbergen sind für diese Nacht ausgebucht. Gut, dass ich reserviert habe.














Nach einem kurzen Abstecher in die Pampa finde ich auf den rechten Pfad zurück.
Das „Zentrum“ von Mas de Palat lasse ich bald hinter mir.
Heute stehen mir wahre Pilgerhighways zur Verfügung. Die ehemalige Hauptverbindungsstraße ist nach dem Neubau der Autostraßen zum Forst- und zum Pilgerweg GR 65 mutiert.
Der erste Ort ist Limone-en-Quercy. Hier gibt es wirklich noch Bäcker, Fleischer, Apotheke und Restaurants.
In den Eichenwäldern wird nach den schwarzen Trüffeln gesucht. Es werden sogar Kurse dafür angeboten. Aus ehemaligen Wiesen und Feldern sind Trüffelwälder geworden.
Mitten im Wald werde ich auf einen Dolmen aufmerksam gemacht. Die Deckplatte ist mehr als 3 m lang, 1.3 m breit und mehr als 50 cm hoch.
In Varaiere verlasse ich den offiziellen GR 65 und entdecke den ehemaligen Waschteich des Dorfes. Das Dörfchen ist fast ausgestorben. Im Café störe ich die Köchin mit meiner Teebestellung bei ihrer Arbeit. Wenn es nicht noch eine Stunde gedauert hätte, hätte ich mir den Kaninchenbraten einverleibt.
Wieder eine kleine Villa ohne Nachbarn.
Bei Sonnenschein zieht es mich an mein Ziel, das nur ein einzelner Hof ist. 
Bald lacht auch die Sonne heraus, sie geht hier erst um halb acht auf.
Auf der Karstfläche wird jedes brauchbare Stück Boden genutzt, um Ackerbau zu betreiben.
Oft ist auch das nicht möglich. In den letzten Jahren kommt der Safrananbau in Schwung. Mit einer eigenen Lizenz dürfen Einheimischen eine gewisse Menge ernten.
Mitten in dieser kargen Landschaft haben vor Jahrtausenden Menschen diese Dolmen errichtet.
Durch einen gut eingezäunten Eichenwald geht es abwärts.
Dann weiß ich auch, wofür die Einzäunung gut ist. Die Schweine werden hier in einer großen Freiluftanlage gehalten. Diese träumen noch tief, obwohl die Sonne auf ihren Unterschlupf scheint.
Die Minka mit den blauen Augen….(für Petra, Uli und Harald)
Ich sehe seit langem wieder grünen Buchsbaum, aber auch er ist schon von der Miniermotte leicht befallen.
Der Ziegenbock kommt quer über die Weide, um mich zu begrüßen.
Die Wege sind heute sehr gut begehbar.
Mitten in der Gegend komme ich zu einer aufgelassenen Siedlung, von der nur Mauerreste übrig sind. 










Ich fühle mich schon beim Aufstehen besser und verlasse pünktlich um acht Uhr das Haus. Auch aus anderen Häusern kommen die Wanderer, manche kennen sich vom Vortag, manche wirken verunsichert, wo denn der Weg weiterführt. Ich treffe wieder auf die vier netten Australier aus Sydney und Cairns. Da habe ich auch wen zum Tratschen. Dem großen Sohn der Stadt, Champollion, wurde standesgemäß ein Obelisk geweiht.
Die erste Bergwertung folgt bald, ist aber nicht so schlimm wie vorerst befürchtet, weil sie eher kurz ist.
Oben erwartet mich eine schöne Aussicht auf Béduer mit seinem großen Schloss.
Welcher Baum das ist, habe noch nicht herausgefunden. Die Blätter sehen aus wie eine Eberesche oder ein Mehlbaum; die Früchte sind ähnlich, aber viel, viel größer.
Wir kommen immer wieder an netten Häusern vorbei, das hier ist sogar bewohnt.
Der Pilgerweg nach Feycelles ist ein besonderer.
Das Gemeindezentrum wirkt recht einladend.
Am Dorfrand steht ein alter Turm, von dem aus wir eine gute Aussicht haben.
Wer kann diesem Feigenbaum schon widerstehen?
Von den Klippen am Dorfrand wird schon lange Kalkstein abgebaut.
In dieser Gegend sind auch urzeitliche Höhlenmalereien gefunden worden.
Die Aussicht auf die Hügellandschaft ist bei diesem Wetter bezaubernd.
Das Schloss Béduer besteht seit dem 11.Jhdt. und hat eine wechselvolle Geschichte. Es ist in Privatbesitz und offensichtlich bewohnt.
Im Ort finde ich leider kein Café oder Restaurant. So muss ich ohne Pause weitergehen. Um das Schloss finden sich durchwegs schön restaurierte Häuser. 
Die Herbstzeitlosen dürfen nicht mit dem hier kultivieren Safran verwechselt werden. Der Effekt könnte tödlich sein.
Die kann man auch von innen besichtigen.
Die Gegend wird zunehmend karstig, das Typische für die Causses, wie diese Landschaft heißt.
Der Wacholder wird auch bald reif.
Kurz nach unserem Eintreffen in der „Ecoasis“ regnet es kurz und kräftig.
Tagesstrecke: 20,3 km
Jean-François Champollion, der den Stein von Rosette und damit Schriften des Altertums entschlüsselte, stammt von hier. Ihm zu Ehren wurde das Musée Champollion errichtet, ein modernes, dezentes Gebäude hinter einer alten Fassade.
Am Place de Écritures kann man den Stein von Rossette buchstäblich ergehen. Ein amerikanischer Künstler hat ihn übergroß nachgebildet.
In der großen Markthalle kann man sich aus den umliegenden Lokalen bewirten lassen.
Im ehemaligen Stadthaus, dem Hôtel de la Monnaie, ist heute das Tourismusbüro.
Die Église Saint-Sauveur war Teil der ehemaligen Benediktinerabtei.
Schließlich schlendere ich noch entlang der Célé.
In einer Bäckerei entdecke ich ein riesenhaftes Brot.
Je näher man der Oberstadt kommt, desto enger werden die Gässchen.
Von der Église Notre-Dame-du-Puy habe ich eine schöne Aussicht auf die Stadt.
Das Innere der Kirche beeindruckt durch seine Nussbaumschnitzereien und dem Altar der Himmelfahrt Mariä.
Auch der Pilgerpatron Jakobus darf nicht fehlen.
Schließlich ist es Zeit, dass ich mir ein Mittagessen gönne. Da habe ich freie Menüwahl, da ich die meisten Speisenbezeichnungen nicht kenne und mich auf mein Gefühl und die Nachbartische verlasse. So beginne ich mit einem gemischten Salat mit gerösteten Getreidekörnern und pikantem Dressing.
Danach folgt geschmortes Fleisch vom Stier (nicht von dem aus dem gestrigen Bericht!) mit Gemüse, Kartoffeln und einem Käsepüree.
Vor dem Dessert, einem Karamelleis, bekomme ich noch köstlichen Ziegenkäse aus der Region.
Ein Gläschen Rotwein rundet das Festmahl ab. Auf dem Rückweg zur Herberge sind die Straßen so leer, wie sie nach Mitternacht nicht sein könnten.
So hoffe ich, dass der Ruhetag seine erwartete Wirkung nicht verfehlt und ich morgen meinen Weg in Richtung Süden fortsetzen kann.
Diese Mauern haben sicher viel zu erzählen. Aber vielleicht braucht noch jemand die alten Bruchsteine, um ein anderes Haus zu restaurieren.
Dieser Bulle gibt sicher gute Steaks, so wie der im Futter steht.
Die Quitten sind garantiert „bio“. Spritzmittel haben sie sicher nicht gesehen.
Ein Mispelbaum ist voll mit Früchten, auch wenn sie vergleichsweise klein sind.
Eine Gallwespe hat sich eine wilde Rose als Quartier ausgesucht.
Die Wege sind trotz des Regens in der Früh recht gut zu gehen. Es sind zwar viele Pilger unterwegs, aber man kann gut allein gehen oder sich jemandem anschließen. Die netten Australier sind immer wieder in meiner Umgebung. Sonst sind nur Franzosen unterwegs, was die Kommunikation etwas erschwert.
Eine bedrohliche Wolke ohne Auswirkung auf uns.
Die Schwalben sammeln sich. Für unsere Verhältnisse spät, aber die hier haben es ja nicht so weit bis Afrika.
In Saint-Félix kommen wir zur L’église romane Sainte-Radegonde mit einem Tympanon aus dem 11. Jahrhundert.
Adam und Eva könnten auch von einem modernen Künstler dargestellt sein.
Im Mai 1944 wütete hier eine SS-Gruppe fürchterlich, nachdem sie Spuren der Résistance entdeckt hatten. Mehrere Männer wurden sofort erschossen, auf eine Frau mit Kindern wurde mit einer 120 mm Haubitze geschossen, andere Männer wurden verhaftet und später hingerichtet.
In Figeac finde ich, dank unserer Streckenalternative, schnell meine Herberge. Über die Stadt berichte ich dann morgen.
Tagesstrecke: 22,9 km