8. Tag Montag, 02. September 2019 Mariazell nach Lackenhof / Ötscher

Nach dem aufregenden Tag mit Pilger-Empfang, Gottesdienst und Abschlussachterl beim Pirker war ich schon gespannt, ob sich das Wetter an die Vorhersagen hält. Ab vier Uhr hat es ordentlich zu regnen begonnen. Auf dem Blechdach der Pension hört sich das gleich noch einmal so beeindruckend an.
Mit dem Frühstück lasse ich mir Zeit und gehe bei minimalem Nieseln aus dem Haus. Ich besuche nochmals kurz die Basilika, bevor ich Mariazell in Richtung St. Sebastian verlasse.
Die ersten Andenkenstände machen gerade ihre Rollläden auf.Die Wolken bzw. Nebelschwaden hängen noch tief, aber ich brauche keine Regenpelerine und es hat 15 °C. In St. Sebastian liegt der Bahnhof der Mariazellerbahn, einer Schmalspurbahn von St. Pölten nach Mariazell mit einer Spurweite von nur 760 mm. Diese Bahnlinie war eine der ersten, die elektrifiziert wurden. Gleich daneben schließt die normalspurige Erlaufseebahn an,
Ich folge wieder dem Weitwanderweg 06, nun dem Salzburger und Oberösterreichischen Mariazellerweg, aber in die Gegenrichtung. Fast hätte ich die Abzweigung übersehen.Die Erlauf ist nun kurzfristig meine Richtungsgeberin.Bei Mitterbach am Erlaufsee komme ich nicht nur nach Niederösterreich, sondern auch in den Naturpark Ötschermauern.
Die katholische Pfarrkirche wurde erst 1914/15 gebaut. Es gibt hier aber schon lange eine protestantische Tradition, die erst mit dem Toleranzedikt 1781 öffentlich wurde. Jetzt führt mein Weg in die Ötschergräben, die nicht zu Unrecht den Bären als Symbol bekommen haben. Heute hier als Tourist einen Bären zu sehen, wäre wohl eher eine Sensation als eine Gefahr. Die Erlauf wurde hier aufgestaut, um Strom für die Mariazellerbahn zu gewinnen. Immer wieder gibt es Kalkgebilde wie die Spielmauer, die mit Sagen verbunden wurden.

Entlang des Sees führt eine gut ausgebaute Forststraße, die mich bequem wandern lässt und Zeit fürs Schauen lässt.  Über eine Brücke komme ich an das andere Ufer.
Zuerst gibt es noch eine Forststraße, dann biegt der Weg steil ins Gelände ab.
Im Graben steht eine Replik einer Mühle, die früher in der Nähe betrieben wurde.
Von einem Felssporn aus gewinne ich einen ersten Eindruck der Ötschergräben.
Das glasklare Wasser wirkt fast unheimlich.
Die Jausenstation „Ötscherhias“ hat wie erwartet geschlossen und so setzte ich meinen Weg fort. Links und rechts türmen sich die Felswände aus recht brüchigem Gestein auf. Darunter haben Freiwille die Wege angelegt und mit Übergängen gesichert. An exponierten Stellen gibt es auch Seilversicherungen. Für die Durchwanderung sollte man schon trittsicher und schwindelfrei sein. Dann kommt, was in jedem „Naturfilm mit Niveau“ über wilde Wasserläufe vorkommen muss: die Wasseramsel.
Sie scheint mit der Gage nicht zufrieden zu sein, denn jedes Mal, wenn ich die Kamera zücke, verschwindet sie unter dem Stein, um sich kurz danach wieder heraußen zu präsentieren.

Am Fuße des Schleierfalls mache ich Rast und genieße die Ruhe. Gleich danach setzt leichter Regen ein, und der Wind weht das Wasser stoßweise von den Bäumen. Der Anstieg zum Spielpichler, einem Hof mitten im Wald, ist vorerst schon recht kräftig.
Danach wird es noch heftiger, denn der Waldboden ist durchnässt und sehr rutschig. Die richtig steilen Stellen kann ich nicht fotografieren, da habe ich mit dem Gelände genug zu tun.
Dann erreiche ich den Riffelsattel auf ungefähr 1280 m Höhe mit einer etwas eingeschränkten Fernsicht. Den Aufstieg zum Ötscherschutzhaus kann ich mir ersparen, denn entgegenkommende Wanderer berichten, dass es heute geschlossen hat.

Der Weg ins Tal führt teils auf der Schipiste, teils auf Forstwegen und teils im Wald. Ich bin froh, als die ersten Häuser von Lackenhof am Ötscher unter mir auftauchen. Im Ort ist zur Zeit nichts los, denn die Sommersaison ist mit 1. September abgeschlossen und die Wintersaison wird erwartet.

Im Sporthotel sind ein Paar aus Deutschland und ich die einzigen Gäste. Wir haben sogar gemeinsame Bekannte und tratschen viel länger als geplant. Ich habe ein großes Appartement für mich allein, die Zimmer werden gar nicht vergeben. Es war ein ereignisreicher Tag mit viel besserem Wetter als vorausgesagt. Der Weg war anstrengend, aber lohnenswert.

Route auf alpenvereinaktiv.com
Tagesstrecke: 25 km
Bergauf: 740 m
Bergab: 790 m

7. Tag Sonntag, 01. September 2019 Niederalpl nach Mariazell

Wieder kündigt sich ein traumhafter Tag an. Der Sonnenaufgang in Richtung Mürztal ist schon einmal gelungen!

Wir haben heute einen strengeren Zeitrahmen, da wir unser Ziel zu einer fixen Zeit erreichen müssen. Doch dazu später.
Der Blick hinunter auf das Niederalpl (1230 m) und hinauf auf die Wetterinalm (1330 m) erinnert mich an die vielen Wintersportwochen, die ich hier geleitet oder als Lehrer verbracht habe.

Die Schattenpilger.

Ein steiler Steig verbindet den Ochsenboden mit dem Herrenboden (1450 m), wo wir eine kurze Rast einlegen. Dann geht es schon 360 m hinunter auf die Schöneben.

Bei der Mooshuam treffen wir auf Kolleginnen und Kollegen vom KIT (Kriseninterventionsteam), die uns entgegen gegangen sind.
Auch wir ziehen für die letzten Kilometer unsere „Dienstuniform“ an.
Für uns leicht zu beantworten! Zuerst durch’s Luckerte Kreuz und nach dem Shooting-Termin  der Straße nach.


Endlich ist die Basilika von Mariazell in Sicht.
Vor der Basilika werden wir von Superior Pater Mag. Dr. Michael Staberl, auch Mitglied von KIT, unseren KIT – Chefs und zahlreichen KITlern begrüßt. Später kommt auch Landesrat Seitinger hinzu und bedankt sich für unseren Beitrag für die Gesellschaft.

Während des Mittagessens setzt Regen ein, der uns aber nur geringfügig stört.
Ich freue mich, dass ich wieder den Weg zu Fuß nach Mariazell geschafft habe.

Am späten Nachmittag kommt wieder die Sonne zum Vorschein und beleuchtet die Basilika, die ich auch von innen besichtige.


Der Marktplatz ist am Abend menschenleer.
Ich beziehe mein Quartier in der Pension „Marienheim“, die von Franziskanerinnen geführt wird.Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen vom KIT für die tollen vier Tage, in denen ich eine andere Art des Pilgerns kennenlernen durfte!
Euch allen weiterhin „An guatn Weg“

Route: Route auf alpenverein.com
Tagesstrecke: 18,5 km
Bergauf: 580 m
Bergab: 950 m

6. Tag Samstag, 31. August 2019 Stanglalm zum Niederalpl

Der Morgen kündigt sich mit sanftem Licht an. Die Nacht war angenehm mild.

Die Herberge ist nicht die neueste, aber das Essen ist mehr als umfangreich.Am Vormittag steht ein langer Abstieg ins Mürztal bevor, das in der Früh noch unter einer Nebeldecke steckt.
Unsere Gruppe ist lustig und fit unterwegs. Der Weitwanderweg 06 ist unser Mariazellerweg.
Der letzte Teil des Weges führt uns auf einer Forststraße zurück in die „Zivilisation“.
Von Mitterdorf fahren wir mit einem Taxi über Dorf Veitsch auf die Brunnalm.

Von dort geht es über die Schi- und Lifttrasse bergwärts.Je weiter wir bergwärts kommen, desto schöner ist der Weitblick.Der Weg auf die Graf Meran Schutzhütte ist recht heftig. Das letzte Mal vor sechs Jahren war alles VIEL leichter 😀!Wichtige Detailplanungen am Hüttentisch! Geschafft! Ich habe die höchste Stelle meiner geplanten Tour bis  Köln ist geschafft: die Hohe Veitsch mit 1981 m.



Über schmale Pfade kommen wir an die Nordseite des Berges.

Es ist nicht mehr weit auf das Niederalpl.
Am Niederalpl werden wir von einem KIT-Team mit Riesenbuchteln mit Vanillesauce begrüßt!
Wir nächtigen heute im Bloder-Hof.

Route : Stanglalm – Mitterdorf Route auf Alpenvereinaktiv
Brunnalm – Veitsch – Niederalpl Route auf alpenvereinaktiv.com

Gesamtstrecke: 16,0
Bergauf: 879 m
Bergab: 1690 m

5. Tag Freitag, 30. August 2019 Strassegg zur Stanglalm

In der Nacht geht ein kurzes, aber heftiges Gewitter nieder. Das sind die einzigen Geräusche, ich in unserem Zehn-Bett-Zimmer wahrnehme.

In der Früh verziehen sich auch die letzten Regenwolken und uns empfängt eine schöne Morgenstimmung. Der Stroßegger Rudi, Wirt am Strassegg, lässt es sich nicht nehmen, jede Pilgergruppe mit einem Spruch und einem flotten Musikstück auf seiner steirischen Harmonika zu verabschieden.
Wir treffen uns pünktlich um acht Uhr zum Aufbruch mit ein paar besinnlichen Worten. Pilgergruppen, die oft seit Jahrzehnten hierherkommen, haben hier ihr eigenes Pilgerkreuz errichtet. Sie sind den ganzen Weg entlang zu finden.

Jeder Blick ins Joglland (Land der „Jakobe“) ist ein Genuss.

Das Gasthof auf der Schanz ist unser Mittagsziel. Die „Schanz“ war im Krieg gegen die Ungarn und die Türken ein Verteidigungsposten, den Bauern errichtet haben. Auch in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges versuchten einige Wehrmachtsangehörige hier, noch den Krieg zu gewinnen. „Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg ist steinig und schwer…. “ Wir nehmen ihn mit Bravour.

Der Windpark auf der Stanglalm hat die Landschaft grundlegend verändert.

Am Wegrand werden wir immer wieder fündig. Während andere Eierschwammerln und Steinpilze finden, lacht mich dieser Fliegenpilz an.Vor dem Wirtshaus auf der Stanglalm treffen wir den Finder eines 1,8 kg schweren Steinpilzes. Die Wirtin bereitet uns zum Nachtmahl aus 20 Eiern eine herrliche Schwammerleierspeise zu.

Das heutige Zimmer ist sehr heimelig.
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com
Tagesstrecke: 20,2 km
Bergauf: 738 m
Bergab: 433 m

4. Tag Donnerstag, 29. August 2019 (Mixnitz) – Teichalm zum Straßegg

Heute setze ich meinen Weg als Etappenwanderung fort. Das heißt, ich werde nicht mehr nach jedem Wandertag nach Hause fahren, sondern in Unterkünften am Weg nächtigen.
Noch etwas Besonderes gibt es für die nächsten vier Etappen: ich gehe erstmals in einer Gruppe.
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des KIT Steiermark (Kriseninterventionsteam des Landes Steiermark) findet erstmals eine Fußwallfahrt nach Mariazell statt, der ich mich gerne angeschlossen habe.
Ich starte am Bahnhof beim Murpark in Graz – Liebenau und fahre über den Hauptbahnhof Graz mit der S-Bahn nach Mixnitz.



Mit neun netten Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Steiermark brechen ich in Mixnitz auf.

Mit viel Schwung geht es durch den Ort  in Richtung Bärenschützklamm.


Gleich beim Einstieg sehen wir in einiger Entfernung eine Steinbockgeiß mit zwei Jungen.

Die Klamm wurde 1901 als touristische Attraktion erschlossen und ist seit 1978 Naturdenkmal.  Insgesamt überwinden nun 164 Leitern einen Höhenunterschied von etwa 350 Metern zwischen ca. 750 m und ca. 1100 m.


Der Aufstieg ist wirklich eine Attraktion und mit dem Gepäck auch recht anspruchsvoll.

Wir haben Glück, dass nach der Trockenheit der letzten Wochen noch Wasser durch die Schlucht rinnt und einen besseren Eindruck des Naturschauspiels vermittelt.Gleich nach dem Ausstieg vermitteln die Wegweiser beim Gasthaus „Zum guten Hirten“ einen guten Überblick über die Wandermöglichkeiten.
Der weitere Weg zur Teichalm ist eher gemütlich und bietet auch noch einige Blumen zum Bewundern. Die ersten Herbstzeitlosen lugen durch das Gras. Auf der Teichalm genießen wir die zweite Rast.

Begleitet von vielen  Blüten des Schwalbenschwanzenzians erreichen wir unseren ersten „Gipfel“, den Heulantsch.


Von dort haben wir einen herrlichen Blick über eines der größten, geschlossenen Almengebiete Europas.
Diese mächtige Kuh wartet geduldig, bis sie in den Melkstall eingelassen wird.Endlich liegt der Stroßegger Hof am Straßegg vor uns und wir freuen uns auf Speis, Trank und ein Bett.

Route: Mixnitz – Teichalm auf alpenvereinaktiv.com
Teichalm – Straßegg auf alpenvereinactiv.com
Tagesstrecke: 20,7 km
Bergauf: 1338 m
Bergab: 618 m

3. Tag Mittwoch, 14. August 2019 Vom Schöckl auf die Teichalm

Nach heftigem Regen in der Nacht war ich schon neugierig, welches Wetter der Hl. Petrus für heute vorgesehen hat.
Ich starte dort, wo ich die letzte Etappe beendet habe, am Plateau des Schöckls. Dort hinauf nehme ich die Gondelbahn in Anspruch. Für die Bergstation werden 7°C und Windböen bis 60 km/h angezeigt.



Die Sichtbedingungen sind ausgezeichnet. Nach Südwesten, nach Graz.
Im Norden liegt das Passailer Becken, das ich heute durchqueren will. Der Hochlantsch (1720 m) im Hintergrund ist noch nebelbedeckt.
Kaum bin ich ein paar Meter unter dem Plateau, ist der Wind viel schwächer. In der ersten Hälfte der Tagesstrecke folge ich den Wegen 730/06. Auf den gut begehbaren Wegen und Pfaden komme ich rasch weiter.
Für jedes Ziel gibt es einen Weg! Viele Wanderer starten vom Parkplatz beim Schöckelkreuz ihre Wanderung auf den Grazer Hausberg.


Der weitere Weg ist vorerst von Asphaltstrecken dominiert, die aber sehr schwach frequentiert sind.

Ich komme jetzt in die Region des Almenlandes, das aus insgesamt 125 zusammenhängenden Almen besteht.



Im Tal hinter den saftigen Wiesen liegt Passail. Am Wegrand finde ich dieses Marterl, das der Dreifaltigkeit gewidmet ist.


Für Erholung hat die Landjugend Arzberg in ihrem Projekt „Tatort Jugend“ 2016 gesorgt. Sie hat eine kompakte Sitzgruppe am Weg platziert.

Ich komme an der Ruine der Burg Stubegg vorbei, die schon vor 1240 existierte und um 1830 durch Abdecken dem Verfall preisgegeben wurde, um Steuern zu sparen. Der ehemalige Meierhof hat schon viele Funktionen gehabt. Zuletzt war er Schule, Museum und jetzt ist er ein Wohnhaus. Die letzten Meter hinunter zum Tal haben es in sich.


Im Tal liegt der Ort Arzberg, der eine reiche Geschichte hat. Viele Jahrhunderte hat der Bergbau das Leben des Ortes geprägt.

Hier wurde Silber, Blei und Zink abgebaut. Vom frühen Mittelalter ( vor 1240) bis ins letzte Jahrhundert (1927) wurden hier Erze abgebaut und verarbeitet.
Heute gibt es einen Schaustollen und einen Käsestollen, in dem heimischer Schafskäse reift, zu besichtigen.
Die Kirche ist dem Hl. Jakobus geweiht, was natürlich sofort einen Besuch meinerseits erfordert.
Die Raab zeigt sich hier als zahmes Bächlein. Nach heftigen Gewittern kann sie sich zum reißenden Gewässer entwickeln.


Nach drei Stunden oder fünfzehn Kilometern erreiche ich Passail, eine Marktgemeinde im Passailer Becken, das schon um 3000 v. Chr. besiedelt war. Nach den Römern haben die Slawen dem Gebiet ihren Stempel aufgedrückt.
Die Pfarrkirche St. Veit wurde im 17. Jhdt. errichtet.



Auf dem Weg zum nächsten Berg komme ich bei St. Anna am Lindenberg vorbei. Dieses Barockjuwel wurde als Votivkirche nach dem Überstehen der Pest errichtet.

In der Tober (aus dem Slawischen  „dobre“ = gut) haben sich ein paar ehemalige Bauernhöfe erhalten.
Am Talschluss wird es für mich gemein. Der Weg führt mich in der Diretissima einen steilen Pfad entlang einer Kanaltrasse hinauf.
Noch einmal ein Blick zurück auf die Tober.
Die Senke der Teichalm liegt vor mir.
Die Teichalm und die nahe Sommeralm bilden eines der größten zusammenhängenden Almgebiete der Alpen.


Das Grünland entstand erst, als für die lokale Glasgewinnung viel Holz benötigt wurde.
Der heutige See in seiner Form wird aufgestaut und ist Teil der touristischen Nutzung der Gegend.
Nach fast 26 km komme ich ans Ziel.

Gemeinsam mit Heidrun, meiner Frau, genieße ich die Kulinarik der Region.

Tagesstrecke: 25,6 km
Bergauf: 721 m
Bergab: 981 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

2. Tag Freitag, 9. August 2019 Graz-Mariatrost auf den Schöckl

Mit der Tram fahre ich nach Mariatrost, wo ich unterhalb der Basilika meinen Weg wieder aufnehme.

Von hier geht ein Netz von gut markierten Wegen aus. Mein Weg ist gleich doppelt markiert: einerseits als Weitwanderwege 06, andererseits als Marienweg oder Mariazellerweg. Nach etwa hundert Metern biegt der Weg von der Hauptstraße ab und führt über kleine Zubringerwege und landwirtschaftliche Wege ins Umland. Auf dieser Wiese sind drei Rehe versteckt. Zwei haben sich beim Äsen nicht stören lassen, ein drittes hat sich zum Widerkäuen hingelegt. Im Hügelland, im Schutz der Berge, gibt es einige Obstplantagen. In der Fachschule für Land- und Ernährungswirtschaft Haidegg werden seit vielen Jahren junge Menschen auf Berufe in der Landwirtschaft vorbereitet. Zum ersten Mal habe ich einen unbehinderten Blick auf mein Tagesziel, den Schöckl. Zwischendurch geht’s durch schattige Wäldchen. Endlich kommt einmal ein Wiesenweg, das noch dazu einen besonderen Namen trägt.

Jetzt überwiegen die Naturwege mit vielen kleinen Überraschungen am Wegrand.

Ich gewinne rasch an Höhe und habe noch gute Fernsicht in Richtung Süden.
St. Radegund wurde schon im 6. Jhdt. von den Slawen besiedelt. Auch die Römer haben unweit von hier ihre Spuren hinterlassen.
Die Kirche, der heiligen Radegundis geweiht, wurde um 1500 errichtet.
An der Außenwand ist ein römischer Grabstein eingelassen.
Auch ein interessanter „Kalvarienberg“ um 1773 ist ein sehenswertes Kulturdenkmal, an dem man als Autofahrer leicht vorbei fährt.

Im „Heilklimatischen Kurort St. Radegund“ ging im 19. und Anfang des 20. Jhdts. die Post ab.
Ich wandere durch den Ort und verlasse die Straße in Richtung Schöcklweg. Der ist nur am Anfang bequem, wird aber dann anstrengend. Es gäbe natürlich die Alternative die Gondelbahn zu benutzen. Die behalte ich mir für den Rückweg vor. Es gibt auch hier einen Weg entlang der Trasse auf den Berg.

Der Sturm „Paula“ hat um den Schöckl 2008 große Schäden angerichtet.


Endlich kommt das frisch renovierte Stubenberghaus in Sicht. Ich weiche auf dem Plateau vorerst in Richtung Westgipfel aus. Vom Gipfelkreuz hat man eine hervorragende Aussicht nach Norden.



Vor der Sendeanlage des ORF steht ein Vermessungspunkt, der für die Katasteraufnahme der Steiermark (1820 – 1825) als Referenzpunkt festgelegt wurde.

Im Stubenberghaus kann man nicht nur sehr gut speisen, sondern auch übernachten.
Der Blick von der Terrasse auf Graz ist einzigartig.
Für den Rückweg nehme ich die Gondelbahn, die bereits seit 1951 existiert. Heute nehmen auch viele Mountainbiker und Paraglider die Bahn als Aufstiegshilfe.


Tagesstrecke: 16,0 km
Bergauf: 1153 m
Bergab: 133 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

1. Tag Dienstag, 6. August 2019 Graz-Liebenau nach Graz-Mariatrost

Mein erster Tag ist als Stadtdurchquerung geplant. Bewusst gehe ich durch das engere Stadtgebiet und bin überrascht, wie sehr ich mich von Stadtverkehr fernhalten kann. Dass der Weg, mit wenigen Ausnahmen, eine Asphaltpartie wird, ist ohnehin klar.

Als Startpunkt habe ich mir den Verkehrsknoten Liebenau – Murpark ausgewählt, weil er in meiner unmittelbaren Umgebung liegt und mit der Bahn, mit der Bim (Straßenbahn), mit Bussen und im Notfall auch mit dem Auto erreichbar ist.

Ich bin kein Freund von Einkaufszentren. Hier gibt es wenigstens einen Knotenpunkt für den öffentlichen Verkehr.

Entlang des Petersbaches, der vor ein paar Jahren „naturnahe“ und hochwassersicher ausgebaut wurde, führt ein schöner Fuß- und Radweg nach St. Peter.

Auch meinen Pilgerpatron, den Hl. Jakobus, besuche ich.
Obwohl es bereits 9 Uhr ist, sind die Straßen im Wohngebiet erstaunlich ruhig.


Ende des 19. Jahrhunderts haben sich betuchte Grazer im Grünraum des Geidorfviertels große Villen errichten lassen. Die meisten verschwinden auch heute noch in parkähnlichen Gärten.
Hier stehen auch die modernen Glashäuser des Botanischen Gartens der Universität Graz.


Der Hilmteich und der angrenzende Leechwald sind seit Generationen Erholungs- und Naturraum der Grazer.
Am „Weg der Menschenrechte“ wird auch der zahlreichen Opfer unter den psychisch und physisch Beeinträchtigten während des Nazi-Regimes gedacht.


Die 40 m hohe Hilmwarte, einst Feuerwachturm, beherbergt heute ein modernes Weltraumwetterlabor der Universität Graz.


Oberhalb des LKH Graz stoße ich auf den Weitwanderwege 06, dem ich ab jetzt lange Zeit folgen werde.

Die Wege lassen mich 40 Jahre zurückdenken, als ich mir hier mit meinen Sportkollegen Ausdauer und Stehvermögen für die Cross-Saison geholt habe.


Kurz vor Mariatrost wurde zum Gedenken an die Vertriebenen aus Gottschee eine schöne Gedenkstätte errichtet.


Nun taucht die Wallfahrtskirche von Mariatrost auf.


Die Basilika Minor wurde von 1714 bis 1724 errichtet und ist ein bedeutender Marienwallfahrtsort in der Steiermark.
An der Ausstattung der Kirche waren bedeutende Künstler der Zeit beteiligt.


Wenn sich die Pilger vom Tal her näherten, hatten sie nicht weniger als 216 Stufen zu überwinden. Ich gehe sie nur hinunter.


Mit der Straßenbahn trete ich wieder die Heimreise an.

Tagesstrecke: 11,8 km
Bergauf: 150 m
Bergab: 77 m
Route: Route auf alpenvereinaktiv.com

Graz – Köln: ein neues Projekt entsteht

Langjährige Pilgerkolleginnen und – Kollegen wissen es längst: Nach dem Camino ist vor dem Camino!
Noch vor dem Abschluss meines Romweges fragte meine Frau: „Und was kommt danach?“, um fast anschließend gleich einen Vorschlag zu machen: „Geh doch die „Via Gernotensis“ nach Köln!“ Ihr Bruder Gernot, der unweit von Köln mit seiner Familie lebt, war Namensgeber für ein Projekt, das ich auch schon im Hinterkopf angedacht hatte. Der Dom mit dem Reliqienschrein der Heiligen Drei Könige ist als alter Pilgerort wahrlich ein eindrucksvolles Ziel und von Graz mit etwa 1300 km gleich weit entfernt wie Rom.

Die Wegplanung ist gar nicht so einfach. Da sind einerseits die Alpen zu überqueren und andererseits sind geeignete Wege durch Deutschland zu finden. Die Pilgerwege in Deutschland haben alle eine NO – SW oder N – S Orientierung, ich muss aber nach NW. So habe ich mir einen ersten Wegentwurf zusammen gestellt: Entlang des Mariazellerwegs von Graz über Mariazell nach Linz. Von dort geht es quer durch das Mühlviertel nach Passau und entlang des Donauwegs bis Regensburg. Von dort orientiere ich mich am Jurasteig bis Hohenburg und dann am Jakobsweg nach Rothenburg/Tauber. Das nächste Ziel ist Speyer, um dann am Rhein entlang über Worms, Bingen nach Köln zu wandern.

Aus dem Arbeitstitel Via Gernotensis wurde nun wurde nun meine „Via Coloniensis“. Dass der Name für einen anderen Steckenabschnitt schon existiert, stört mich nicht. Auch ein ordentlicher Pilgerpass muss her:

Auch für meinen Rucksack habe ich einen symbolisierten Schrein angefertigt.

Da ich das Projekt nicht in einem Stück durchziehen werde, wird es auch länger dauern bis ich die ca. 60 Etappen absolviert haben werde. Da ich es als „project in progress“ sehe, sind Abänderungen immer möglich und auch schon erfolgt. Die ersten drei Tage werde ich jeweils von zu Hause aus in Angriff nehmen. So hoffe ich, in einiger Zeit auf dem Domplatz dort zu stehen, wo ich vor ein paar Wochen war.

Wenn ihr Anregungen, Fragen oder Informationen über dieses Projekt austauschen wollt, stehe ich dafür gerne bereit.

So wünsche ich euch allen, wo immer ihr auch seid, „Buen Camino!“ oder „An guatn Weg!“

Resumé über „Auf nach Rom III“ 238 km

Diesmal habe ich mir wirklich viel Zeit gelassen, um den Rückblick über meine Wanderung zu verfassen. Manchmal schiebe ich solche Sachen einfach auf. Aber bevor ich mich ernsthaft neuen Zielen zuwenden, möchte ich die Dokumentation über diesen Weg vorerst abschließen.

Das Frühjahr bzw. der Frühsommer sind für mich einfach die schöneren Zeiten für solche Wanderungen. Die erwachende Natur, auch mit der Wetterunsicherheit, ziehe ich dem Herbst vor. Vom Hochsommer oder Winter wird mich wahrscheinlich nicht so bald jemand überzeugen können.

Anreise:
Da Graz flugtechnisch gesehen weit im Abseits liegt, halte ich die Bahn für das ideale Verkehrsmittel:
Am Abend in den Liegewagen und am Morgen mit Frühstück in Rom ankommen; und das um 79 €. Von Rom nach Spoleto um 10 € in nicht ganz zwei Stunden. Das hätte ich mit dem ausgeklügeltsten Flugplan wahrscheinlich nicht geschafft.

Auch für die Rückreise war die Bahn für mich die erste Wahl.

Wege:
Jeder Führer hat in diesem Bereich seine eigene Route und Empfehlung. Ich habe mir meinen eigenen Weg, kombiniert aus verschiedenen Empfehlungen, zusammengestellt.
Die Markierungen waren im Großen und Ganzen ausreichend. Als Alleinwanderer habe ich trotzdem gerne die Bestätigung durch einen GPS- Track, vor allem dann, wenn ich lokale Alternativen wählen muss.
Die Strecke ist als durchaus anspruchsvoll einzustufen, wenngleich sie mit zunehmender Nähe zu Rom immer flacher wird. Dafür gibt es dann immer mehr Asphalt.

Unterkunft und Verpflegung:
Auf dem Weg südlich von Assisi sind immer wieder Pilgerherbergen zu finden, sodass man nicht unbedingt auf Pensionen angewiesen ist.Eine Anfrage am Tag vorher ist auch hier ratsam, denn nicht alle Beherberbungsbetriebe aus den Listen haben gerade offen oder existieren noch.Auch die Verpflegungssituation ist entspannt. Wasser findet man immer genügend, wenn man ein bisschen plant und die Vorräte rechtzeitig auffüllt.

Kultur und Natur:
Auch dieser Abschnitt des Weges ist voll mit kulturellen Überraschungen. Man müsste fast sagen: Gott sei Dank sind nicht alle Kirchen oder Gebäude zugänglich – es wäre kein Weiterkommen!Auch die Natur hat vieles zu bieten. Es müssen ja nicht immer Begegnungen mit Wölfen oder Wildschweinen sein. Auch wunderschöne Orchideen und Vogelstimmen können einen erfreuen.

Statistik:
Auf dem letzten Teilabschnitt von Spoleto nach Rom, inkl. dem Weg mit den Sieben Kirchen habe ich ca. 238 km in 9 Gehtagen zurückgelegt. Dabei fielen etwa 4000 m bergauf und 4800 m bergab an.
Tagesstrecken: zwischen 21,0 und 36,4 km (Median: 25,3 km)

Tagesstrecken Spoleto – Rom (PDF)

Quartierplanung Spoleto – Rom (PDF)

Gesamtstatistik Graz – Rom:

1347 km in 54 Gehtagen; ca 24.300 m bergauf und 25.400 m bergab
Tagesstrecken: zwischen 9,2 km und 37,9 km Median: 25,5 km