Was für ein Morgen! Fast wäre ich zu spät aus dem Haus gekommen, um das Schauspiel zu erleben. Lectoure als Vordergrund des Sonnenaufganges. In den Senken liegt leichter Nebel, der sich bald auflösen wird. Es ist windstill, aber kühl. Die Luft ist sehr klar und optimal zum Wandern. In Marisolan finde ich diese Blüten an einer Hausmauer. Ein kleines, aber feines Hotel mitten in den engen Gassen des Dorfes. Ich beobachte das Spiel eines kleinen Buben mit seiner Mutter, die ihn in die Schule bringen will. Die Schultasche lässt er sich nachtragen, damit sie mitgeht. Das kleine Schulhaus ist auch schon in die Jahre gekommen. Unterwegs hole ich ein Paar ein, das mit Eseln unterwegs ist. Bei einem Tempo von vier Kilometern pro Stunde schaffen sie zwischen 20 und 25 km pro Tag. Die vier machen eine größere Runde in der Gascogne. Ob über die Hügel, ob in den Senken, das Wandern macht hier einfach Spaß. Auch wenn es einmal auf Straßen dahin geht, stört kaum Verkehr. Ein nettes kleines Häuschen, fast in der Einschicht. Eine Kirche aus dem 12. Jhdt. beeindruckt durch ihre Schlichtheit.
Die Rückhaltebecken sind ziemlich entleert. Hauptsächlich werden in diesem Bereich Weizen, Hirse und Soja angebaut. Ganz im Hintergrund lassen sich schon die Pyrenäen erahnen: Es ist zwar noch weit dorthin, aber ein Grund zum Jubeln. Vor mir liegt Condom, eine kleine Stadt mit großer Kirche. Die Cathédrale Saint-Pierre wirkt wie eine Festungsanlage. Der prächtige Chor und die Ausstattung haben sich den Titel „Weltkulturerbe“ verdient. Daneben ist der Kreuzgang der ehemaligen Abtei auch für öffentliche Veranstaltungen zugänglich. Auch sie lässt man hier hochleben: die vier Musketiere. Einer für alle, alle auf einen! 😉 Über die La Baise, auf der einige Urlaubsschiffe verkehren, verlasse ich wieder die Stadt. Durch Weingärten und Wäldchen komme ich nach Larrissingle, einem Wehrdorf aus dem 12. Jhdt.
Heute ist es nur mehr ein Museumsdorf, aber einen Abstecher wert. Besonders dann, wenn es ein Eis mit Armagnac gibt. Armagnac spielt an diesem Abend eine besondere Rolle. Unser Hospitalero ist Biobauer mit drei Hektar Weingarten und produziert Armagnac und Nebenprodukte. Wir, eine Französin und ich, dürfen ihm dabei über die Schulter schauen und mitverkosten. Hygienebestimmungen der EU sind nicht ins Französische übersetzt, der Besenstiel dient auch zum Umrühren des Ansatzes und überhaupt wird ohnehin alles durch Alkohol desinfiziert. Vielleicht bekommen die Produkte auch deshalb eine individuelle Note. Beim Abendessen im Haupthaus lerne ich ein typisches Landhaus von innen kennen.
Zum Essen bekommen wir einmal drei verschiedene Aperitifs mit Armagnac und dann noch einen guten Rotwein. Da kann man nur gut schlafen!
Tagesstrecke: 32,1 km